Die Tage der auf der Grundlage von § 24 S. 1 Nr. 1 EnWG a.F. erlassenen Rechtsverordnungen, namentlich der Stromnetzentgeltverordnung („StromNEV“), der Gasnetzentgeltverordnung („GasNEV“), der Stromnetzzugangsverordnung („StromNZV“), der Gasnetzzugangsverordnung („GasNZV“) sowie der Anreizregulierungsverordnung („ARegV“) sind gezählt – mit dem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2021 ist eine neue Regulierungsmacht der Bundesnetzagentur geschaffen worden.
Mit Urteil vom 02.09.2021 (Az. C-718/18) entschied der EuGH, dass die BNetzA als nationale Regulierungsbehörde nicht unabhängig genug sei und zu sehr von politischen Vorgaben beeinflusst werde. Mit den Verordnungsermächtigungen in § 24 EnWG a.F. würden der Bundesregierung bestimmte Zuständigkeiten verliehen, die nach den Regelungen der europäischen Richtlinien ausschließlich der nationalen Regulierungsbehörde obliegen.
Als Reaktion auf die Entscheidung des EuGH sind am 29.12.2023 Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes („EnWG“) und weiterer Vorschriften als Folgeänderungen in Kraft getreten.
Mit diesen Änderungen werden insbesondere Festlegungskompetenzen der BNetzA geschaffen, mit welchen – um es mit den Worten des Gesetzgebers auszudrücken – der bisher normativ vorstrukturierte Regulierungsrahmen weiterentwickelt und bedarfsgerecht neu gestaltet werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist vorgesehen, dass die bisherigen Regelungen der GasNZV sowie der StromNZV zum 31.12.2025, diejenigen der GasNEV zum 31.12.2027 und diejenigen der ARegV sowie der StromNEV zum 31.12.2028 außer Kraft treten sollen.
Mit der Veröffentlichung eines Eckpunktepapiers mit Datum vom 18.01.2024 hat die BNetzA Eckpunkte mit 15 Thesen zur Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens für Strom- und Gasnetzbetreiber für die 5. Regulierungsperiode (Gas ab 2028 / Strom ab 2029) vorgestellt und damit einen zunächst ergebnisoffenen Diskussionsprozess gestartet. Zu diesem Eckpunktepapier können Branchen- und Interessensvertreter noch bis zum 29.02.2024 Stellung nehmen.
Von der BNetzA ist beabsichtigt, Rahmenfestlegungen durch die gebildete Große Beschlusskammer zu erlassen, welche die Regulierungssysteme in ihren wesentlichen Elementen durch abstrakte Ausgestaltungen festlegen sollen sowie Methodenfestlegungen, die die konkrete Ausgestaltung betreffen sollen (vgl. § 59 Abs. 3 EnWG). Daneben sollen ebenfalls Einzelfestlegungen durch die einzelnen Beschlusskammern erlassen werden.
Voranzustellen ist zunächst, was nicht drinsteht, und zwar Ausführungen zur Entgeltbildung im engeren Sinne oder der Zugangsregulierung. Daneben sollen die Überlegungen des Eckpunktepapiers nicht zwingend auch für Übertragungsnetzbetreiber gelten; für diese soll es ein separates Diskussionsformat geben.
Die vorgeschlagenen Änderungen im Rahmen des Eckpunktepapiers lassen sich im Wesentlichen unter vier Aspekten zusammenfassen:
Um auf die dynamischen Entwicklungen im Strom- sowie im Gasbereich besser reagieren zu können, liegt der Vorschlag vor, die Regulierungsperiode von fünf auf drei Jahre zu verkürzen. Dadurch könnten im Strombereich die beeinflussbaren Kosten wie der individuelle OPEX (operational expenditure), etwa bezogen auf Personal- oder Softwareausgaben, regelmäßiger angepasst werden. Im Gasbereich könnte durch diese Änderung angemessener auf die zu erwartenden Kostendynamiken infolge der Dekarbonisierung reagiert werden. Der Vorschlag einer verkürzten Regulierungsperiode soll dabei auch den Vorteil mit sich bringen, dass Netzbetreiber weniger Anreiz zur Ausnutzung des „Basisjahreffektes“ sehen. Das heißt, dass Besonderheiten des Basisjahres begrenzter überprüft und sich so vermehrt Durchschnittswerte etablieren könnten.
Die angestrebte Beschleunigung soll im Allgemeinen durch Pauschalierungen, Vereinfachungen und Straffungen von Prozessen erfolgen, die dabei wie folgt aussehen könnten:
Die fortschreitende Dekarbonisierung hat zur Folge, dass Teile des Gasnetzes stillgelegt oder zurückgebaut werden, sofern diese keiner Folgenutzung durch Wasserstoff- oder Biomethan-Transporte unterliegen. Auf diese Besonderheit muss reagiert werden. Dazu soll etwa die Nutzungsdauer von Sachanlagevermögen für solche Netze, die keiner Folgenutzung unterliegen, derart angepasst werden, dass den Netzbetreibern die Amortisation ihrer Investitionen ermöglicht wird und damit gleichzeitig drastisch ansteigende Netzentgelte vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist auch die bereits am 08.11.2022 veröffentliche Festlegung der BNetzA „Festlegung von kalkulatorischen Nutzungsdauern von Erdgasleitungsinfrastrukturen“ („KANU“, BK9-22/614) zu berücksichtigen, nach welcher die Netzbetreiber ihre Anlagengüter für Neuinvestitionen bis 2045 abschreiben können. Insoweit besteht die Überlegung, die KANU-Festlegung auch auf Bestandsanlagen zu erweitern.
Im Zusammenhang mit steigenden Kosten für die Stilllegung oder den Rückbau von Netzen, soll den Netzbetreibern daneben aufgegeben werden, frühzeitig Rückstellungen zu bilden, die somit von der noch bestehenden größeren Zahl an Netzkunden getragen werden können.
Durch das veröffentlichte Eckpunktepapier der BNetzA wird deutlich, dass diese das „normative Rad“ nicht neu erfinden will und wird, sondern sich an bestehenden Regelungen und Konzepten orientieren und diese wenn möglich optimieren will.
Insoweit bieten die anstehenden Änderungen Chancen dafür, auf aktuelle Entwicklungen und Bedürfnisse, sei es auf die Energiewende insgesamt, auf die Dynamiken im Gasbereich oder auf die Notwendigkeit des Bürokratieabbaus zu reagieren. Insbesondere können dabei die Anregungen der Branchen- und Interessenvertreter, welche im Rahmen des Beteiligungsprozesses geäußert worden sind, in das neue Regelungskonzept einbezogen werden.
Letztlich bleibt aber die spannende Frage, wie im Rahmen des neuen Regelungskonzeptes die zu begrüßenden Beschleunigungen durch Pauschalierungen und Vereinfachungen in Einklang gebracht werden sollen mit der jeweiligen Einzelfallgerechtigkeit und wie und ob vor diesem Hintergrund Ausnahmeregelungen in diesem Geflecht vorgesehen sind.
Kontakt
Goltsteinstraße 14 | 40211 Düsseldorf
Tel: +49 2 11 5 18 82-0 | Fax: +49 2 11 5 18 82-100
E-Mail: duesseldorf@hoffmannliebs.de
Partnerschaften
Informationen
© 2024 Hoffmann Liebs Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB
Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie unsere Website weiter besuchen können. Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind und Ihre Zustimmung zu freiwilligen Diensten geben möchten, müssen Sie Ihre Erziehungsberechtigten um Erlaubnis bitten. Wir verwenden Cookies und andere Technologien auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Personenbezogene Daten können verarbeitet werden (z. B. IP-Adressen), z. B. für personalisierte Anzeigen und Inhalte oder Anzeigen- und Inhaltsmessung. Weitere Informationen über die Verwendung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Auswahl jederzeit unter Einstellungen widerrufen oder anpassen.
Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind und Ihre Zustimmung zu freiwilligen Diensten geben möchten, müssen Sie Ihre Erziehungsberechtigten um Erlaubnis bitten. Wir verwenden Cookies und andere Technologien auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Personenbezogene Daten können verarbeitet werden (z. B. IP-Adressen), z. B. für personalisierte Anzeigen und Inhalte oder Anzeigen- und Inhaltsmessung. Weitere Informationen über die Verwendung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies. Sie können Ihre Einwilligung zu ganzen Kategorien geben oder sich weitere Informationen anzeigen lassen und so nur bestimmte Cookies auswählen.