Aktuelle Entwicklungen bei der Kreditwürdigkeitsprüfung für Immobiliar-Darlehen

Die Anforderungen an den Kreditvergabeprozess für die im März 2016 in Kraft getretene Wohnimmobilienkreditrichtlinie („WKR“) klären sich nach und nach. Mit Einführung der WKR wurde die Kreditwürdigkeitsprüfung, welche Banken und Sparkassen bislang ausschließlich im eigenen unternehmerischen Interesse durchführten, zu einem Schutzinstrument für den Verbraucher ausgeweitet: lag es früher ausschließlich in der eigenen Verantwortung eines Verbrauches, sich darüber im Klaren zu sein, ob er sich einen Kredit „leisten“ kann, ist es jetzt Pflicht der Kreditinstitute geworden, den Verbraucher vor finanzieller Überforderung zu schützen. Die Sanktion bei nicht ordnungsgemäßer Wahrnehmung dieser neuen Schutzpflicht besteht in einem Kreditvergabeverbot (§ 505 a Abs. 1 BGB) sowie dem Verlust der Zinsmarge durch die sog. Zins- und Kündigungsjoker (§ 505 d Abs. 1 BGB).

Angesichts solch drastischer Eingriffe hatten die Institute dem Gesetzgeber vorgehalten, bei den gesetzlichen Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung durch Verwendung unbestimmter Begriffe Unwägbarkeiten geschaffen zu haben, wodurch Rechtsunsicherheit entstand und eine restriktivere Kreditvergabe, insbesondere an junge Familien und ältere Menschen, drohte.

Was als Verbraucherschutz gewollt war, hätte sich gegen die Kreditsuchenden ausgewirkt. Mit drei ganz aktuellen Gesetzes-Vorhaben will der Gesetzgeber diesen Befürchtungen entgegenwirken und Zweifel über die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung ausräumen.

1. FinergWohn und PSD II

Bereits am 7. Juni 2017 ist das Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz (FinergWohn) in Kraft getreten (BGBl. I, 1495). Mit diesem Gesetz wurde klargestellt, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der WKR nicht strenger als der europäische Richtliniengeber sein wollte. Dieser Aspekt war aufgekommen, weil das deutsche Umsetzungsgesetz bei der Kreditwürdigkeitsprüfung die in der Richtlinie enthaltene Ausnahme zur Berücksichtigung der Wertsteigerung der Immobilie bei Bau- und Renovierungsdarlehen nicht vorsah.

Im neuen § 505 b Abs. 2 BGB wird die Berücksichtigungsfähigkeit nunmehr klargestellt. Ein alleiniges Abstellen auf den Immobilienwert bleibt aber für diese Darlehen weiterhin ausgeschlossen. Weiter wurde klargestellt, dass die sog. Immobilienverzehrkredite nicht den Regeln über Wohnimmobiliendarlehen unterfallen.

Ein weiteres Petitum der Kreditwirtschaft, Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen von der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung freizustellen, war im Gesetzesantrag zum FinergWohn enthalten aber nicht in das beschlossene Gesetz übernommen worden.

Dieses Versäumnis wurde am 17. Juli 2017 an versteckter Stelle im Zuge der Umsetzung der PSD-II-Richtlinie behoben (BGBl. I, 2446). Die Ausnahmeregelung für Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen findet sich künftig in einem zusätzlichen Abs. 3 zu § 505a BGB. Voraussetzung für die Freistellung von der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ist, dass der neue Darlehensvertrag unter den gleichen Vertragsparteien und für den gleichen Finanzierungszweck abgeschlossen wird.

Das FinergWohn hat damit aber noch nicht alle Unklarheiten beseitigt. Dies sollte einer noch zu erlassenden Verordnung vorbehalten bleiben, für welche immerhin bereits die nötige Ermächtigungsgrundlage geschaffen wurde.

2. Referentenentwurf zu Leitlinien der Kreditwürdigkeitsprüfung (ImmoKWPLV)

BMF und Justizministerium haben am 21. Juli 2017 den lang erwarteten ersten gemeinsamen Entwurf der ImmoKWPLV mit Leitlinien zu Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung herausgegeben. In methodischer Hinsicht stellt der Entwurf klar, dass die Anforderungen an den Prüfungsprozess nicht überspannt werden dürfen.

Die Prognose zur Wahrscheinlichkeit der Kreditrückzahlung muss vernünftigerweise vertretbar sein, was im Streitfall aus der Ex-ante-Sicht in einer Gesamtschau aller Umstände zu beurteilen ist. Standardisierte Prüfungsverfahren sollen zulässig sein, ohne dass damit zugleich das Eingehen auf Besonderheiten des Einzelfalles verhindert oder erschwert wird. Bei den Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose wird klargestellt, dass ein typischer Verlauf der Dinge zugrunde gelegt werden darf.

Ohne konkreten Anlass müssen nicht rein aus Vorsichtsgründen ausschließlich negative Annahmen getroffen oder von der denkbar ungünstigsten Entwicklung ausgegangen werden. Enumerativ werden sodann einige Faktoren der Kreditwürdigkeitsprüfungals nicht abschließender Katalog aufgezählt (Einnahmen, Einkommen, Schulden etc.), verbunden mit der Anordnung, wahrscheinliche negative Veränderungen dieser Faktoren (z.B. sinkendes Einkommen bei Renteneintritt) zu berücksichtigen.

Allgemeine Lebensrisiken (z.B. Arbeitslosigkeit, Scheidung, Tod etc.) müssen nicht bereits deshalb berücksichtigt werden, weil für ihren Eintritt eine gewisse statistische Wahrscheinlichkeit spricht. Ausdrücklich soll nach der Begründung zum Verordnungs-Entwurf die Kreditrückzahlung innerhalb der statistischen Lebenserwartung keine Voraussetzung der Kreditwürdigkeit sein. Positive künftige Ereignisse können berücksichtigt werden, wenn sie nach der Lebenserfahrung voraussichtlich eintreten werden (z.B. Berufstätigkeit nach Elternzeit). Lediglich ein höheres Einkommen oder Vermögen müssen zusätzlich auch nachgewiesen werden um berücksichtigungsfähig zu sein.

Immobiliardarlehen können schließlich auch weiterhin als sog. endfällige Darlehen oder echte Abschnittsfinanzierungen abgeschlossen werden. Voraussetzung ist in diesen Fällen jedoch eine Prognose zur Rückzahlung des nach Ablauf des Erstvertrages verbleibenden Darlehensbetrages. Unproblematisch ist das, wenn die Rückführung aus vorhandenem freiem Vermögen erfolgen soll. Ist stattdessen eine Anschlussfinanzierung geplant, muss die voraussichtliche Kreditwürdigkeit auch für diese Anschlussfinanzierung bei der Kreditwürdigkeit für den Erstvertrag mitgeprüft werden. Im Regelfall ändert sich dabei die Einschätzung der Kreditwürdigkeit nicht. Es kann aber z.B. sein, dass während der Laufzeit des Anschlussvertrags der Renteneintritt erfolgt. Dann ist natürlich die künftige Leistungsfähigkeit anhand der niedrigeren Rente zu beurteilen.

Mit dem Referenten-Entwurf zur ImmoKWPLV ist ein wichtiger Schritt zu mehr Rechtssicherheit eingeleitet, weil sie wesentlich konkreter ist, als die bereits vorhandenen EBA-Leitlinien. Die beiden Hauptdefizite der aktuellen Diskussion, die Altersdiskriminierung und die benachteiligung junger Familien werden klar adressiert. Es bleibt abzuwarten, welche praxisrelevanten Änderungen der Entwurf und seine Begründung im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch erfahren wird.

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