Hinweisgeberschutzgesetz im Bundesrat gestoppt – wie ist der Stand und wie geht es jetzt weiter?

Im aktuellen Blogbeitrag erläutern Felix Pott und Hela Ben Mansour aus der Praxisgruppe Arbeitsrecht den aktuellen Stand des Hinweisgeberschutzgesetzes – und was Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen jetzt schon veranlassen sollten.

Was ist geschehen?

 

Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz, das die EU-Whistleblowing-Richtlinie (2019/1937) umsetzen soll, wurde mit viel Verspätung am 16. Dezember 2022 durch den Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat diesen Gesetzentwurf am 10. Februar 2023 jedoch insbesondere auf Betreiben der unionsgeführten Länder gestoppt, weshalb sich das Inkrafttreten ein weiteres Mal verschieben wird.

 

Die Kritik am bisherigen Entwurf bezog sich primär darauf, dass die deutsche Umsetzung weit über die EU-Richtlinie hinausgehe und es für potentielle Whistleblower teilweise zu leicht sei, sich – möglicherweise auch in missbräuchlicher Absicht – unter den Schutz des Gesetzes zu stellen.

 

In Folge dieser Entwicklungen könnte der Gesetzesentwurf nun in den Vermittlungsausschuss gelangen. Nach derzeitigem Stand plant die derzeitige Ampel-Koalition allerdings keine weiteren Änderungen an dem Gesetz und erwägt, das Gesetz in einer „nicht zustimmungspflichtigen Form“ erneut in den Bundestag einzubringen.

 

Die Bundesrepublik steht hier schon jetzt unter zeitlichem Druck, eine baldige Lösung zu erarbeiten, da die Europäische Kommission bereits rechtliche Schritte gegen Deutschland eingeleitet und wegen der bislang unterlassenen Umsetzung der EU-Richtlinie eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben hat.

 

Trotz des politischen Gerangels ist also davon auszugehen, dass noch in diesem Jahr mit dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes zu rechnen ist. Welchen Inhalt und welche Form das Gesetz letztendlich aufweisen wird, steht zwar noch nicht final fest. Es ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass der Entwurf noch einmal grundsätzlich neu gefasst wird.

 

 

Arbeitsrechtliche Herausforderungen

 

Das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes wird für Unternehmen eine Reihe neuer arbeitsrechtlicher Herausforderungen zur Folge haben. Dies betrifft insbesondere den sogenannten „Repressalien-Schutz“ des Hinweisgebers, also das Verbot, einen Hinweisgeber aufgrund des Hinweises zu benachteiligen. Fast jedes arbeitsrechtliche Instrument kann eine Repressalie darstellen – von der unterlassenen Beförderung über Versetzungen und Dienstplaneinteilungen bis hin zur Kündigung.

 

Der Repressalien-Schutz ist insbesondere deswegen von großer Bedeutung, da hiermit nach dem Text des derzeitigen Gesetzesentwurfs eine Beweislastumkehr einhergeht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber jedwede benachteiligenden Maßnahme dahingehend belegen müsste, dass sie nicht kausal auf einem vorherigen Hinweis des Mitarbeiters beruht. Gerade in größeren und dynamischen Unternehmen dürfte hierdurch eine Bürokratie- und Dokumentations-Landschaft erforderlich werden, die schon aus praktischen Überlegungen heraus so nicht vom Gesetzgeber gewollt sein kann.

 

Daneben bestehen auch organisatorische Implementierungspflichten der Unternehmen, sofern diese mindestens 50 Mitarbeiter beschäftigen. In diesem Fall muss eine interne Meldestelle eingerichtet und unterhalten werden. Dies wird, allein um die umfassende Bindung interner Ressourcen zu verhindern, regelmäßig über externe Angebote von Dienstleistern abzubilden sein. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die gesetzlich vorgeschriebene Bereitstellung interner Meldekanäle und Prozesse zur Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens bei den internen Meldungen auch der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen kann.

 

Aus unternehmerischer Sicht sollte das Hinweisgeberschutzgesetz unabhängig von dem weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Anlass genommen werden, nicht nur die arbeitsrechtliche Compliance im Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen. Andernfalls drohen weitere Risiken in Form von Compliance-Lücken, die von übereifrigen oder unzufriedenen Mitarbeitern zum Instrument gegen das Unternehmen umfunktioniert werden können.

 

 

Was jetzt schon sinnvoll ist

 

Wenngleich der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Hinweisgeberschutzgesetzes derzeit noch nicht feststeht, ist es aus Unternehmenssicht durchaus sinnvoll, schon jetzt vorbereitende Maßnahmen zu ergreifen. Dies betrifft zum einen die rechtzeitige Identifizierung von Compliance-Risiken und -lücken, konkret, um etwaige Meldungen grundsätzlich zu vermeiden, umfasst jedoch auch Vorbereitungshandlungen zur Errichtung einer internen Meldestelle sowie die Prüfung, ob und inwiefern Mitbestimmungspflichten zu beachten sind.

 

Von grundsätzlicher Relevanz ist zudem, den Gesetzgebungsprozess und etwaige, sich abzeichnende Änderungen genau im Auge zu behalten, um einerseits schon bestehende Maßnahmen weiter auf den – gegebenenfalls auch geänderten – Bedarf abzustimmen sowie andererseits neu hinzutretende Maßnahmen strukturiert planen und umsetzen zu können. Neben der Errichtung der Meldekanäle und dem Verfahrensaufwand wird zudem bei Personalentscheidungen ein erhöhter Dokumentationsaufwand zu bewältigen sein, um sich vor dem Vorwurf der Repressalien zu schützen. Auch die damit einhergehenden, administrativen Tätigkeiten sollten demnach frühzeitig in die Kapazitätsplanung von Unternehmen gleich welcher Größenordnung überführt werden.

 

Hoffmann Liebs berät mit der Praxisgruppe Arbeitsrecht (mehr Informationen) zu allen Fragen rund um das Thema Hinweisgeberschutzgesetz und dessen Umsetzung. Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.

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