Schutzschirm, Eigenverwaltung und StaRUG als sinnvolle Sanierungsoptionen

Bartosz Zdanowicz

Die COVID-19-Krise hat Deutschland wirtschaftlich erschüttert und zahlreiche Unternehmen/Unternehmer branchenübergreifend vor weitere Herausforderungen gestellt.

Unerwartete Umsatzeinbußen und schnelle Veränderungen im Markt können selbst bei jahrzehntelang wirtschaftlich klug geführten und etablierten Unternehmen kurzfristig zu einer (Liquiditäts-)Krise führen und unter Umständen sogar auch eine gesetzliche Insolvenzantragspflicht hervorrufen. Denn die in § 15a InsO geregelte Pflicht gilt für alle Geschäftsleiter juristischer Personen (z.B. GmbH, AG, GmbH & Co. KG oder Genossenschaft) gleichermaßen. Die zwischenzeitliche Aussetzung dieser Pflicht – zur Entlastung der Unternehmen in der COVID-19-Krise – gehört der Vergangenheit an. Die Insolvenzantragspflicht mit all ihren Folgen für die handelnden Organe gilt zwischenzeitlich wieder uneingeschränkt.

Bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Höchstfrist von drei bzw. sechs Wochen, ein Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a InsO).

Erfolgt dies nicht, können die Geschäftsleiter/handelnden Organe in einem späteren Insolvenzverfahren persönlich in Haftung genommen werden und zwar rückwirkend. Auch strafrechtliche Ermittlungen im Falle einer Insolvenzverschleppung sind regelmäßige Folge einer verspäteten/unterlassenen Antragstellung. All dies gilt es frühzeitig zu verhindern.

Glücklicherweise gibt es in Deutschland diverse Möglichkeiten, um in Krisensituationen Unterstützungsleistungen zu erhalten und die vorgenannte Insolvenzantragspflicht zu verhindern. Bekannteste Beispiele sind das Kurzarbeitergeld sowie diverse Förder- und Überbrückungskredite und -hilfen. Bei der Prüfung der Sanierungsoptionen sollte dabei die Möglichkeit des gesetzlich neu geschaffenen außergerichtlichen Sanierungsverfahrens (StaRUG) oder eines in Eigenregie geführten Insolvenzverfahrens (Eigenverwaltung, Schutzschirmverfahren) in Betracht gezogen werden.

All diese Verfahrensarten bieten die Möglichkeit, Liquiditätsprobleme und Altlasten nicht nur temporär, sondern dauerhaft zu regulieren und das Unternehmen zu entschulden sowie neu aufzustellen.

Selbst bei Unternehmen, die wirtschaftlich gut aufgestellt sind und kurzfristig keinerlei Liquiditätsprobleme haben, können die o. g. Sanierungsoptionen in Verhandlungen z. B. mit Vertragspartnern und Banken helfen, um Anpassungen der Verträge und sogar Forderungsverzichte zu erreichen.

Eigenverwaltung/Schutzschirmverfahren – Was ist das genau?

Sollten außergerichtliche Maßnahmen nicht helfen, kann eine Eigenverwaltung/ein Schutzschirmverfahrens eine Sanierungsoption darstellen. Diese speziellen und in §§ 270 ff. InsO geregelten gerichtlichen Sanierungsverfahren/Insolvenzverfahren können nicht nur bei Überschuldung/Zahlungsunfähigkeit (Eigenverwaltung möglich), sondern bereits bei drohender (in Zukunft absehbarer) Zahlungsunfähigkeit (Schutzschirmverfahren möglich) beantragt werden.

Die Eigenverwaltung/das Schutzschirmverfahren bieten z. B. folgende Sanierungseffekte:

Die Erledigung von Altverbindlichkeiten (z. B. Lieferantenverbindlichkeiten, Mietverbindlichkeiten, Pensionszusagen, gestundete Forderungen) mithilfe eines Sanierungsplans (Insolvenzplans) ist möglich
Die Nichtzahlung von Löhnen/Gehältern für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten (= Insolvenzgeld) hat regelmäßig einen großen Liquiditätseffekt zur Folge und wird nicht wie oft irrtümlich angenommen durch „allgemeine Steuergelder“, sondern aus einer von den Unternehmen (als Arbeitgeber) gezahlten Insolvenzgeldumlage finanziert
Die kurzfristige Kündigung langjähriger Dauerschuldverhältnisse (z. B. Miet- und Leasingverträge) ist möglich
Sozialversicherungsbeiträge müssen zeitweise nicht abgeführt werden
Die Geschäftsleitung kann während des gesamten Sanierungsverfahrens im Amt bleiben und die Sanierung selbst (mit-)gestalten. Auch das Austauschen der Geschäftsführung/der Gesellschafter ist möglich
Umstrukturierungen im Personalbereich sind unter vereinfachten Bedingungen möglich
Darlehen/Kredite, wie z. B. KfW-Kredite oder ähnliche Corona-Hilfen können neu verhandelt/strukturiert und ggfs. sogar verringert oder ganz erledigt werden

StaRUG – Die außergerichtliche Alternative

Sollten weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung, sondern lediglich eine drohende (in Zukunft absehbare) Zahlungsunfähigkeit vorliegen, wurde ab dem 1. Januar 2021 mit dem StaRUG die Möglichkeit einer außergerichtlichen präventiven Sanierung geschaffen. Dabei kann vom Unternehmen selbstständig ein Restrukturierungsplan erstellt werden, der notwendige finanzielle Maßnahmen (z.B. einen Schuldenschnitt) und weitere erforderliche (z.B. operative) Sanierungsmaßnahmen enthält. Dem Restrukturierungsplan muss eine Mehrheit von 75 % der teilnehmenden Gläubiger zustimmen. Es muss daher keine Einstimmigkeit erzielt werden, wie es bei außergerichtlichen Sanierungen bislang erforderlich war. Sollte z.B. die Bank als größter Gläubiger ein solches Verfahren unterstützen, dann können Forderungen etwaiger „Akkordstörer“ über ein solches Verfahren erledigt werden.

Leider bietet das StaRUG, im Vergleich zur Eigenverwaltung/zum Schutzschirmverfahren, nicht die Möglichkeit, in Rechte der Arbeitnehmer (Forderungen der Arbeitnehmer, Pensionsrückstellungen) einzugreifen. Auch etwaige langjährige Verträge können nicht unter vereinfachten Bedingungen angepasst bzw. gekündigt werden. Der Liquiditätseffekt des Insolvenzgeldes kommt beim StaRUG ebenfalls nicht in Betracht. Allerdings handelt es sich um ein außergerichtliches Sanierungsverfahren, welches nicht der zwingenden gerichtlichen Überwachung bedarf. Insoweit wurde die Lücke zwischen der bisherigen außergerichtlichen Sanierung und der gerichtlichen Sanierung mithilfe der Insolvenzordnung mit dem StaRUG geschlossen, das ist zu begrüßen.

Fazit

Jedes Unternehmen sollte seine Liquidität vorausschauend planen und bei der Prüfung von Sanierungsoptionen die o. g. Möglichkeiten frühzeitig in Betracht ziehen.

Die Unterstützung von spezialisierten Beratern ist dabei unerlässlich, denn es gibt zahlreiche rechtliche Hürden zu beachten. Von einer vom Unternehmen eigenständig durchgeführten und unvorbereiteten Antragstellung ist abzuraten. Denn insbesondere Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung bedürfen einer gründlichen Vorprüfung/Vorbereitung und stellen zwar eine gute, hilfreiche, gesetzlich geregelte Sanierungsoption dar, sind jedoch nicht per se für alle Unternehmen das beste Sanierungsinstrument.

Zum Autor: RA Zdanowicz ist seit 2010 spezialisiert auf die Sanierung-/Restrukturierungberatung, sowohl außergerichtlich, als auch z. B. im Rahmen von Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren. Dabei begleitet er Unternehmen auch als Generalbevollmächtigter oder Interimsgeschäftsführer. Er hat in den letzten Jahren diverse Unternehmen bei der Sanierung erfolgreich unterstützt.

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