Nachdem der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze am 21. Oktober 2016 mit einigen Änderungen (siehe unseren Newsflash vom 27. Oktober 2016) verabschiedet hatte, war die „AÜG-Reform“ am vergangenen Freitag (25. November 2016) Tagesordnungspunkt 1 der Sitzung im Bundesrat. Zwar wurde auch hier noch einmal Kritik an den von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vor etwa einem Jahr angestoßenen Änderungen (deren Grundlage war der Koalitionsvertrag der Großen Koalition) laut. Der Bundesrat ist jedoch der Empfehlung seines Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik gefolgt und hat – juristisch ausgedrückt – keinen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes gestellt.
Mit anderen Worten: Der Bundesrat ruft nicht den Vermittlungsausschuss an und die AÜG-Reform tritt in der vom Deutschen Bundestag am 21. Oktober 2016 verabschiedeten Fassung am 1. April 2017 in Kraft.
Auf Arbeitgeber kommen nun einige erhebliche Änderungen zu, die den Einsatz von Fremdpersonal weiter erschweren und zusätzliche Bürokratie mit sich bringen werden. Ein kurzer Überblick:
Eingeführt wird u. a. eine arbeitnehmerbezogene Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten, die eine Verdrängung von Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb durch Leiharbeitnehmer verhindern soll. Die Überlassungshöchstdauer wird jedoch nicht ausnahmslos gelten: Tarifverträge der Einsatzbranche, also für den Entleiher geltende Tarifverträge, sowie aufgrund von Tarifverträgen geschlossene Betriebs-und Dienstvereinbarungen können Verlängerungen regeln. Zudem werden Überlassungszeiten vor dem 1. April 2017 nicht berücksichtigt.
Darüber hinaus müssen Leiharbeitnehmer spätestens nach einem 9-monatigen Einsatz hinsichtlich ihres Arbeitsentgelts mit vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gleichgestellt werden (Equal Pay). Auch hier enthält das Gesetz jedoch zumindest kleine Schlupflöcher für die Vertragsparteien. Versäumt hat der Gesetzgeber dagegen die Aufnahme einer Definition, was er überhaupt unter Equal Pay versteht, also welche Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind.
Die „Fallschirm-Lösung“ trägt künftig nicht mehr. Das vom BAG kürzlich noch abgesegnete Instrument (siehe unseren Newsletter November 2016) führt nach Ansicht des Gesetzgebers in der Praxis zu einem Missbrauchsrisiko. Künftig muss eine Arbeitnehmerüberlassung daher ausdrücklich als solche bezeichnet werden, damit eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher verhindern kann. Ferner stellt der Gesetzgeber durch eine Definition klar, wer Arbeitnehmer ist, wodurch mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit bezweckt wird. Insbesondere dem Missbrauch von Werkverträgen soll damit ein Riegel vorgeschoben werden.
Dass selbst Gerichte in der Praxis häufig Probleme haben, den richtigen Vertragstyp im Einzelfall zu bestimmen und in Zeiten komplexer Projektarbeiten insbesondere im IT-Bereich eine Abgrenzung nach gängigen Maßstäben kaum möglich ist, übersieht der Gesetzgeber leider. Für Arbeitgeber steigt damit das Risiko bei Fremdpersonaleinsätzen weiter.
Leiharbeitnehmer bekommen die Möglichkeit, bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen für die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses zum Verleiher durch eine sog. Festhaltenserklärung zu sorgen, auch wenn das AÜG z.B. aufgrund einer fehlenden Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingieren würde. Diese Fiktion wird zusätzlich auf weitere Fälle ausgedehnt.
Der sog. Kettenverleih wird verboten, d.h. Leiharbeitnehmer dürfen nur noch von ihrem Vertragsarbeitgeber verliehen werden und nicht von einem „Zwischenverleiher“. Einsätze von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher sollen verhindert werden.
Im nächsten Schritt wird die AÜG-Reform dem Bundespräsidenten zur Unterschrift zugeleitet. Anschließend wird das förmliche Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet und schließlich mit Wirkung zum 1. April 2017 die Leiharbeit sowie den gesamten Einsatz von Fremdpersonal verändern. In unserem kommenden Newsletter „Januar 2017“ werden wir Ihnen die AÜG-Reform im Detail vorstellen und insbesondere erläutern, welche Handlungsspielräume Arbeitgebern in Zukunft noch bleiben.
Das spätere Inkrafttreten der AÜG-Reform sowie die Nichtberücksichtigung von Überlassungszeiten vor dem Inkrafttreten führt zumindest dazu, dass sich alle Beteiligten auf die anstehenden Änderungen vorbereiten und Risiken in Ruhe identifizieren können. Das Arbeitsrechts-Team von HLFP unterstützt Sie hierbei gerne.
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