Retrospektive zu Wirtschaftstag „Aktuelle Chancen und Herausforderungen im Indiengeschäft“ (IHK Düsseldorf)

Am 11. Mai 2023 fand in Düsseldorf der Wirtschaftstag „Aktuelle Chancen und Herausforderungen im Indiengeschäft“ statt.

 

Die von Katrin Lange (Referentin International, IHK Düsseldorf) und Ralf Schlindwein (Geschäftsführer International, IHK Düsseldorf) organisierte Veranstaltung fokussierte sich auf die aktuelle wirtschaftspolitische Situation in Indien und die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Indien.

 

Ein Rückblick zur Veranstaltung von Dr. Jörg Podehl

Die Importe aus Indien haben allein 2022 um über 40 % zugenommen. Dies fußt maßgeblich auf der neuen China-Plus-One-Politik und kommt somit vor allem dem bevölkerungsreichen Subkontinent zugute. Konkreter ausgedrückt: Indien boomt.

 

 

Gleichzeitig erreicht jedoch der innenpolitische Druck Indiens ein neues Höchstmaß. Das rasante Bevölkerungswachstum führt viele junge Menschen neu in den Arbeitsmarkt, während das Durchschnittsalter in Indien bei nur noch rund 28 Jahren liegt. Die Herausforderung der Regierung Modi, die im nächsten Jahr zur Wiederwahl steht, besteht bereits rein rechnerisch darin, rund eine Million (!) junge Menschen pro Monat (!) in Lohn und Brot zu bringen. Das ist schon für sich stehend keine einfache Aufgabe, weshalb die Regierung mittels einer India-First-Politik versucht, vor allem den Binnenmarkt durch eigene Produktionsstätten (Make in India) zu stärken und das Wachstum durch hohe Importzölle weiter zu forcieren. Experten gehen davon aus, dass Indien langfristig ein Wachstum von 6 % p. a. generieren und dauerhaft sicherstellen muss, um seine Beschäftigungsziele auf dem Arbeitsmarkt realistisch erreichen zu können.

 

Indien profitiert derzeit stark von billigen Ressourcen aus Russland, mittels derer kostengünstig Produkte für den Weltmarkt produziert und dort zu hohen Preisen veräußert werden können. So wird beispielsweise russisches Rohöl in Indien zu Benzin und Diesel in Raffinerien verarbeitet, dann per Schiff nach Europa exportiert und u. a. hier in Deutschland an Tankstellen mit hohen Preisaufschlägen verkauft.

 

Dirk Matter (Geschäftsführer AHK Indien, Düsseldorf) erläuterte ebenso routiniert wie eindrücklich die aktuelle wirtschaftspolitische Lage sowie branchenspezifischen Chancen für den Markteinstieg.

 

Tillmann Ruppert (Rechtsanwalt, Rödl und Partner) erklärte das steuerliche Umfeld und vor allem die Schwierigkeiten mit der von 10 auf 20 % erhöhten indischen Quellensteuer.

 

Bei der anschließenden Paneldiskussion sprachen Dirk Matter, Dr. Jörg Podehl (Rechtsanwalt und Partner, Hoffmann Liebs), Mohammed Reihani (Director Sales Asia, EMKA Beschlagteile GmbH & Co. KG) mit Ralf Schlindwein über Indien als strategischen Partner. Dabei zeichnete Mohammed Reihani den Markteintritt von EMKA in Indien vor über 15 Jahren nach und gab den Teilnehmern und Teilnehmerinnen zahlreiche Tipps und Best-Practice-Beispiele zur Hand. Dirk Matter berichtete von der hohen Anfragezahlen bezüglich Firmengründungen in Indien bei der AHK Indien, während Dr. Jörg Podehl insbesondere die rechtlichen Herausforderungen in Indien – sowohl in Fragen des Markteintritts als auch bei der langfristigen Aktivität auf dem Subkontinent – erläuterte. Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Lieferkettengesetz, der Handelsschiedsgerichtsbarkeit und Vertragsverhandlungen mit indischen Partnern.

 

In Indien kann insbesondere die Durchsetzung von Rechtsansprüchen mit hohen finanziellen und zeitlichen Aufwänden verbunden sein. Gerade deshalb wurde ausdrücklich vor Naivität und überzogenem Vertrauen im Indiengeschäft gewarnt. Dies betrifft auch zunächst als selbstverständlich erscheinende Sicherheitsvorkehrungen wie das Einholen von Kreditauskünften oder die Verifizierung von Zertifikaten. Diese „Must haves“ gelten nicht nur im allgemeinen Geschäftsleben – sondern explizit auch in Indien.

 

Ein zentrales Thema der Veranstaltung war zudem die Bedeutung von Indien bei der Bekämpfung des Klimawandels. Was hat Indien geplant, um die erneuerbaren Energien auszubauen? Wo gibt es Potential für deutsche Lösungsanbieter im Bereich Green-Tech? Neben den zweifelsohne bestehenden, auch vielversprechenden Chancen muss jedoch ebenso anerkannt werden, dass Indien derzeit „einer Baustelle gleiche“: Überall entstehen neue Flughäfen, Häfen, Autostraßen und Eisenbahnnetze. Indien dürfte damit noch für lange Zeit ein wachsender CO2-Emittent bleiben.

 

Dr. Jörg Podehl gab abschließend seine Einschätzung zum noch in Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU ab. Die Verhandlungen waren 2013 gescheitert, 2022 jedoch wieder aufgenommen worden. Dabei sieht die indische Seite die vielen politischen Forderungen der EU, die sehr konkret auch auf die Veränderung der indischen Innenpolitik zielen, mitunter sehr kritisch, teilweise sogar als „neokolonialistisch“. Dies umfasst unter anderem Forderungen nach mehr Geschlechtergerechtigkeit, Umweltschutz und besseren Arbeitsbedingungen. Auch die Regelungen über den Agrarsektor bieten viel Sprengstoff. Der Erfolgsdruck ist allerdings für beide Seiten spürbar hoch, da es im Interesse beider Verhandlungsparteien steht, die noch bestehenden Konflikte bis Ende 2023 erfolgreich beizulegen. Zum Verhandlungspaket gehört auch ein Investitionsschutzabkommen.  

 

Frau Lange sprach anschließend mit Jörg Strothmann (Geschäftsbereichsleiter, IPetronic GmbH & Co. KG) über das Thema Fachkräfte in Indien, genauer: wie sie zu finden und insbesondere zu halten sind. In diesem Zusammenhang wurden als effektiv identifizierte Maßnahmen – von Firmen-T-Shirts bis hin zu unkonventionellen Give-Aways – zwecks Bindung von Arbeitskräften an die hiesige Unternehmen diskutiert. Dabei ist auch der Wettbewerb bei den Gehältern bei zugleich steigenden Lebenshaltungskosten in den Städten deutlich sichtbar. Aus europäischer Perspektive durchaus überraschend erreicht beispielsweise Bangalore ein vergleichbares Niveau der Lebenshaltungskosten wie Düsseldorf, während Differenzen zwischen den unterschiedlichen Kasten und Religionen das Arbeitsleben in Indien eher weiter hemmen denn vereinfachen.

 

Am Rande der Veranstaltung wurde außerdem diskutiert, dass sich die Einwanderung neuer Fachkräfte nach Deutschland noch immer als aufwändiges und langfristiges Verfahren darstellt. Anlaufzeiten von regelmäßig 2 bis hin zu 4 Jahren wurden genannt – ob das neue Migrationsabkommen mit Indien hier in naher Zukunft Abhilfe schafft, bleibt fraglich.

 

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Beiträge von Rüdiger Schröder (Senior Vice President, Maier Vidorno Altios), der darum warb, Indien als Beschaffungsstandort in den Fokus zu nehmen.

 

Savas Poyraz (Referent Zoll- und Außenwirtschaftsrecht, IHK Düsseldorf) sprach zu Zoll, Einfuhr und Logistik.

 

Patrick Thorpe (Trade Lane Manager Western Europe – Indo-ASEAN, Cargo-Partner GmbH) sprach über die Logistik in Indien, über Schiffe, die wie Busse unterwegs seien und viele Welthäfen auf ihrem Weg zwischen Europa und Asien anliefen, aber auch über veraltete Züge in Indien, Flughäfen, deren Landebahnen zu kurz seien und Speditionen, die wie Reisebüros agierten.

 

Justus Schuenemann (Außenwirtschaftsförderung des Landes NRW – Finanzierungsfragen im Auslandsgeschäft) sprach über Fördergelder. Stephanie Beeres (Head of Business Unit India | Australia, NRW. Global Business) referierte über indische Unternehmen in Düsseldorf, Startups und den Bangalore Tech Summit. Bettina Löhr (Senior Project Manager, Landeshauptstadt Düsseldorf, Wirtschaftsförderungsamt) kündigte ferner eine baldige Düsseldorfer Delegationsreise nach Indien zusammen mit OB Dr. Stephan Keller an.

 

Düsseldorf is ready for India, now!

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