Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts finden die Regelungen zur Kontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 bis 310 BGB) auch auf Arbeitsverträge Anwendung. Nach der bisherigen Fassung von § 309 Nr. 13 BGB sind vertragliche Regelungen, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die von Verbrauchern (und Arbeitnehmern) dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform gebunden werden, unwirksam. Die Schriftform setzt nach § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Namensunterschrift des Arbeitnehmers voraus.
§ 309 Nr. 13 BGB wird mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2016 dahingehend abgeändert, dass keine strengere Form als die Textform vereinbart werden darf. Die Textform ist nach § 126b BGB bereits mit einem Fax oder einer E-Mail oder gar einer SMS gewahrt, da es gerade keiner eigenhändigen Namensunterschrift bedarf bzw. die Reproduktion einer solchen auf einer Kopie ausreicht.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist diese Gesetzesänderung insbesondere im Zusammenhang mit den regelmäßig in Arbeitsverträgen vorgesehenen Ausschlussklauseln von Bedeutung. Diese sehen für gewöhnlich vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Frist von (mindestens) drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Sie wirken oftmals zu Gunsten des Arbeitgebers, wenn dieser Ansprüche der Arbeitnehmer nicht erfüllt und die Arbeitnehmer die rechtzeitige und ordnungsgemäße Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist versäumen.
Vor dem Hintergrund der obigen Gesetzesänderung ist nunmehr zwischen Alt- und Neuverträgen zu unterscheiden. Auf bis zum 30. September 2016 abgeschlossene „Altverträge“ ist die Neuregelung nach der Übergangsregelung (Art. 229 § 37 EGBGB) nicht anwendbar, bis dahin vereinbarte Schriftformerfordernisse in Ausschlussklauseln bleiben also wirksam. In Arbeitsverträgen, die ab dem 1. Oktober 2016 abgeschlossen werden, ist die Vereinbarung eines Schriftformerfordernisses unwirksam und damit auch die (einfache) Ausschlussklausel.
Für den Arbeitgeber als Klauselverwender ist dies in doppelter Hinsicht misslich, da zum einen Ansprüche des Arbeitnehmers durch die unwirksame Klausel nicht ausgeschlossen werden können, zum anderen der Arbeitgeber aber für die Geltendmachung etwaiger Ansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer an die von ihm gewählte strenge Form gebunden ist. Derzeit verwendete Muster-Arbeitsverträge sollten daher möglichst bis spätestens zum 1. Oktober 2016 entsprechend angepasst werden.
Ungeklärt ist die Folge von Änderungen an Altverträgen nach dem 1. Oktober 2016. Nach dem Wortlaut der Übergangsregelung (Art. 229 § 37 EGBGB) gilt die Änderung nur für „neu begründete Schuldverhältnisse“, nicht aber für nach dem Stichtag bloß geänderte Verträge. Das BAG hatte jedoch bereits im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des neuen Schuldrechts 2002 entschieden, dass selbst bei nur geringfügigen Änderungen an einem Altvertrag ein Neuvertrag begründet werde, der dem neuen Schuldrecht unterliegt (vgl. etwa BAG, Urt. v. 19. Oktober 2011 – 4 AZR 811/09 sowie Urt. v. 18. November 2009 – 4 AZR 514/08). Dass diese Rechtsprechung auf die Änderung von § 309 Nr. 13 BGB übertragen wird, ist daher nicht unwahrscheinlich. Bis zu einer Klärung ist Arbeitgebern also zu raten, bei jeder Vertragsänderung auch eine entsprechende Anpassung der Ausschlussklausel vorzunehmen.
Wir werden uns mit den Folgen der anstehenden Gesetzesänderung sowohl für arbeitsvertragliche als auch tarifvertragliche Ausschlussklausen sowie für sonstige in Arbeits- und Aufhebungsverträgen üblicherweise verwendete Schriftformerfordernisse in unserem kommenden Newsletter Arbeitsrecht noch vertieft auseinandersetzen. Dieser Newsletter wird am 1. September 2016 erscheinen. Für Rückfragen stehen Ihnen meine Kollegen aus dem Arbeitsrechtsteam und ich auch sonst jederzeit gerne zur Verfügung.
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