Bartosz Zdanowicz für FOOTBALL BUSINESS Magazine #21 I Dezember 2020
Aufgrund der Corona-Krise schauen viele Fußballklubs, Sportvereine und auch deren Vertragspartner (z.B. Sponsoren, Cateringunternehmen und andere Dienstleister) aktuell ungewiss in die Zukunft. Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und „Geisterspiele“ führen zu einem teilweise drastischen Umsatzrückgang, die Kosten hingegen laufen weiter. Daher sollte sich jeder Geschäftsleiter/Vorstand eines Unternehmens/Vereins frühzeitig mit Sanierungsoptionen befassen, um in der Krise schnell reagieren zu können. Denn es gibt eine in § 15a InsO geregelte Insolvenzantragspflicht und diese gilt für alle Geschäftsleiter juristischer Personen (z.B. GmbH, AG, GmbH & Co. KG, Verein oder Genossenschaft) gleichermaßen.
Wann gilt die Insolvenzantragspflicht?
Bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Höchstfrist von drei Wochen, ein Insolvenzantrag zu stellen. Erfolgt dies nicht, kann die Geschäftsleitung in einem späteren Insolvenzverfahren persönlich in Haftung genommen werden, was regelmäßig zur Privatinsolvenz der Geschäftsleiter führt. Auch strafrechtliche Ermittlungen im Falle einer Insolvenzverschleppung sind regelmäßige Folge einer verspäteten/unterlassenen Insolvenzantragstellung. Besonders brisant ist die Tatsache, dass die vorgenannten Ansprüche im Falle einer Insolvenz „rückwirkend“ geltend gemacht werden können, also bei einer unterlassenen Antragstellung, die oft mehrere Jahre zurückliegt.
Wie kann man eine Insolvenzantragspflicht verhindern?
Es gibt in Deutschland diverse Möglichkeiten, um in Krisensituationen staatliche Unterstützungsleistungen zu erhalten und eine Insolven-zantragspflicht zu verhindern bzw. zumindest hinauszuschieben, um Zeit für die Prüfung von Sanierungsoptionen zu gewinnen. Bekannteste Beispiele sind das Kurzarbeitergeld sowie diverse Förder- und Überbrückungskredite. Die Bunderegierung hat aufgrund der Corona-Krise in den letzten Monaten zahlreiche weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht (z.B. Soforthilfe-Programme, Stundungsmöglichkeiten bei Mieten, Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern, Senkung der Umsatzsteuer), dazu zählt auch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Dezember 2020. Aber Achtung: Die vorgenannte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt nur (noch) für überschuldete Unternehmen. Für zahlungsunfähige Unternehmen gilt die Insolvenzantragspflicht seit 01. Oktober 2020 wieder uneingeschränkt.
Abwarten ist keine Option, die Uhr tickt.
Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Geschäftsleiter/Vorstände sich nicht frühzeitig mit der finanziellen Situation des Unternehmens/Vereins beschäftigen und nach dem Motto „In der Corona-Krise muss ich keinen Insolvenzantrag stellen“ das eigene Haftungsrisiko unterschätzen. Auch wird regelmäßig verdrängt, dass etwaige Kredite, „Überbrückungshilfen“ und gestundete Forderungen irgendwann zurückgezahlt werden müssen, der in der Corona-Krise entgangene Umsatz hingegen nicht kompensiert werden kann.
Spätestens sobald die Kredite und gestundeten Forderungen fällig (gestellt) werden und z.B. Löhne, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nicht bezahlt werden können, wird sich jeder Geschäftsleiter mit der o.g. Insolvenzantragspflicht befassen (müssen). Zu diesem Zeitpunkt kann es jedoch bereits zu spät sein.
Welche Sanierungsoptionen gibt es?
Bei der Prüfung der Sanierungsoptionen sollte die Möglichkeit eines in Eigenregie geführten Insolvenzverfahrens, besser bekannt als „Schutzschirmverfahren“ oder „Eigenverwaltungsverfahren“ nicht vergessen werden. Beide Verfahrensarten bieten die Möglichkeit, Liquiditätsprobleme und Altlasten nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft zu regulieren und ein Unternehmen/einen Verein zu entschulden sowie finanziell neu aufzustellen. Dass diese Optionen funktionieren können, zeigt z.B. die kürzlich erfolgreich durchgeführte Insolvenz in Eigenverwaltung des Traditionsklubs 1. FC Kaiserslautern.
Schutzschirmverfahren/ Eigenverwaltung – Was ist das genau?
Seit dem 1. März 2012 bietet das Gesetz jedem Unternehmen/Verein die Möglichkeit, unter einem gesetzlichen Schutzschirm und unter gerichtlicher Aufsicht einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend in Abstimmung mit den Gläubigern umgesetzt werden kann. Gleichzeitig wird das Unternehmen für den Zeitraum der Sanierung dem unmittelbaren Zugriff seiner Gläubiger entzogen, etwaige Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern und Behörden werden eingestellt/ausgesetzt. Während das Schutzschirmverfahren (nach § 270b InsO) bereits dann in Betracht kommt, wenn lediglich eine drohende (also eine in der Zukunft absehbare) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist die Eigenverwaltung (nach § 270a InsO) auch bei bereits vorliegender Zahlungs-unfähigkeit und/oder Überschuldung möglich.
Beide vorgenannten Verfahrensarten müssen grundsätzlich beim am Sitz des Unternehmens/Vereins zuständigen Amtsgericht bean-tragt werden. Im Rahmen der Antragstellung muss bescheinigt werden können, dass der Antrag bzw. die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sind. Soweit die Voraussetzungen für ein Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren vorliegen, bleibt die Geschäftsleitung weiterhin im Amt und kann die Geschicke des Unternehmens weiter lenken. Ein Verfahren dauert erfahrungsgemäß ca. sechs bis zehn Monate und ist in allen Branchen bzw. bei allen Vereinen durchführbar (allerdings erst ab einer bestimmten Größenordnung).
Sanierungs-/Liquiditätseffekte:
Die vorgenannten Verfahrensarten bieten diverse Sanierungseffekte, die wesentlichen werden nachfolgend skizziert:
Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens/der Eigenverwaltung besteht die Möglichkeit, sich von Altverbindlichkeiten (z.B. Darlehen/Krediten oder gestundeten Forderungen) mithilfe eines Sanierungsplans nahezu vollständig zu lösen. Forderungsverzichte von über 90 % sind bei den Gläubigern regelmäßig zu erreichen. Dadurch wird die Bilanz saniert;
Löhne/Gehälter müssen für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten vom Unternehmen/Verein nicht bezahlt werden, was regelmäßig einen sehr großen Liquiditätseffekt zur Folge hat (bei „Profi-Gehältern“ sind Besonderheiten/Grenzen zu beachten);
Steuern (Umsatzsteuer, Lohnsteuer) und Sozialversicherungsbeiträge müssen in einem Zeitraum von mehreren Monaten nicht abgeführt werden;
Langjährige Dauerschuldverhältnisse (z.B. Miet- und Leasingverträge) können mit kurzen Fristen gekündigt werden;
Die Geschäftsleitung bleibt während des gesamten Sanierungsverfahrens im Amt und kann die Sanierung des Unternehmens, zusammen mit den Beratern, selbst (mit-)gestalten. Während des gesamten Verfahrens wird das Unternehmen rechtlich und bei Bedarf auch betriebswirtschaftlich (Liquiditätsplanung, Erstellung eines Sanierungskonzeptes) beraten;
Gesellschaftsrechtliche Regelungen jeglicher Art (z.B. Verkäufe von Geschäftsanteilen, Share Deals/Asset Deals) können bei Bedarf im Rahmen des Sanierungsplans vereinfacht umgesetzt werden;
Umstrukturierungen im Personalbereich sind regelmäßig unter vereinfachten Bedingungen/kotengünstiger möglich;
Die gesamten Verfahrens- und Beratungskosten können aufgrund der vorgenannten Liquiditätseffekte vom Unternehmen/Verein selbst getragen werden.
Fazit
Jedes Unternehmen und jeder Verein in der Krise sollte bei der Prüfung von Sanierungsoptionen die o.g. Möglichkeiten frühzeitig in Betracht ziehen. Die Unterstützung von spezialisierten Beratern ist dabei unerlässlich, denn es gibt zahlreiche rechtliche Hürden zu beach-ten. Von einer vom Unternehmen eigenständig durchgeführten und unvorbereiteten Antragstellung ist abzuraten. Darüber hinaus ist ein Schutzschirmverfahren/eine Eigenverwaltung nicht für jedes Unternehmen/jeden Verein geeignet. Die gilt es im Vorfeld zu prüfen.
Vorschau auf das Jahr 2021
Ab dem 1. Januar 2021 soll eine Richtlinie des Europäischen Parlaments in Deutschland umgesetzt werden. Durch ein neues Gesetz, das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) wird Unternehmen künftig die Möglichkeit einer außergerichtlichen präventiven Sanierung eröffnet. Diese Option steht allerdings nur Unternehmen offen, die lediglich drohend (also in absehbarer Zukunft) zahlungsunfähig sind. Dabei kann vom Unternehmen selbst ein Restrukturierungsplan erstellt werden, der notwendige finanzielle Maßnahmen (z.B. einen „Schuldenschnitt“) und ggfs. erforderliche (z.B. operative) Sanierungsmaßnahmen enthält. Dem Restrukturierungsplan muss eine Mehrheit von 75 Prozent der teilnehmenden Gläubiger zustimmen. Es muss daher keine Einstimmigkeit erzielt werden, wie es bei außergerichtlichen Sanierungen bislang erforderlich war. Unternehmen können (und sollten) sich einen erfahrenen Sanierer/Rechtsanwalt an die Seite holen, um die Verhandlungen mit den Gläubigern und die Erstellung des Restrukturierungsplans gemeinsam zu bewältigen.
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