Wann liegt eine Vorbeschäftigung ausreichend lange zurück, um eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG wirksam vereinbaren zu können?

LAG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 7 Sa 792/17
Das Bundesverfassungsgericht hat am 6. August 2018 die BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG gekippt, wonach eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG zulässig war, wenn zwischen einer Vorbeschäftigung und dem Beginn des neuen Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Jahren lag (wir berichteten: Wichtige Änderung im Befristungsrecht – Bundesverfassungsgericht kassiert umstrittene BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot).
Die Änderung der Rechtslage hat zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei der Vereinbarung von sachgrundlosen Befristungen und neuen Streitfragen geführt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss die Tür für sachgrundlose Befristungen trotz einer Vorbeschäftigung entgegen des ausdrücklichen Wortlauts in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG einen Spalt weit offen gelassen, ohne den Anwendern in der Praxis einen verlässlichen Maßstab hierfür mitzugeben.

Nach dem Beschluss des höchsten deutschen Gerichts kann eine sachgrundlose Befristung trotz einer Vorbeschäftigung insbesondere dann zulässig sein, wenn die Vorbeschäftigung „sehr lange“ zurückliegt, ganz anders geartet oder nur von sehr kurzer Dauer gewesen war. Beispielhaft wurden Nebenbeschäftigungen während der Schul-, Studien- oder Familienzeit, Werkstudierende, eine studentische Mitarbeit im Rahmen einer Berufsqualifizierung sowie eine freiwillige Unterbrechung der Erwerbsbiografie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht, genannt.

Größte Bedeutung für die Praxis hat die Frage, wann eine Vorbeschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „sehr lange“ zurückliegt. Klar ist, dass die bisherigen drei Jahre hierfür nicht ausreichen.

Das LAG Düsseldorf hatte nun die Gelegenheit, sich zu der spannenden Frage zu äußern. In seinem Urteil vom 10. Oktober 2018 stellt die 7. Kammer klar, dass hierfür ein Zeitraum von fünf Jahren jedenfalls nicht ausreicht. Es liege bei dieser Unterbrechung kein Ausnahmefall vor, der eine Abweichung vom Vorbeschäftigungsverbot rechtfertige.

Brisant ist zudem die weitere Feststellung des LAG Düsseldorf, dass sich der beklagte Arbeitgeber nicht auf einen Vertrauenstatbestand berufen konnte. Zwar hatte das BAG als höchstes deutsches Arbeitsgericht sechs Monate vor Abschluss des befristeten Vertrages entschieden, dass eine Vorbeschäftigung eine sachgrundlose Befristung nicht ausschließe, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt; dies könne aber nicht als gefestigte und langjährige Rechtsprechung verstanden werden, die das Bundesverfassungsgericht für einen solchen Vertrauenstatbestand fordert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. November 2015 – 1 BvR 1667/15). Mit anderen Worten: Ein Arbeitgeber kann sich nach Ansicht der Düsseldorfer Richter nicht auf eine erst sechs Monate zurückliegende neue BAG-Rechtsprechung verlassen!

Es ist zu befürchten, dass noch Jahre vergehen werden, bis die Arbeitsgerichte durch ihre Rechtsprechung eine verlässliche Grundlage für Ausnahmen vom Vorbeschäftigungsverbot geschaffen haben. Die Frage, welcher Zeitraum zwischen dem früheren und dem neuen befristeten Arbeitsverhältnis als „sehr lang“ definiert werden kann, ist für die Praxis besonders wichtig. Viel Licht im Dunkeln gibt es bislang nicht. Es spricht aber viel dafür, dass auch andere Arbeitsgerichte eine erst fünf Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung ohne das Hinzutreten besonderer Umstände nicht als Ausnahmetatbestand akzeptieren werden, da das Bundesverfassungsgericht den bisherigen drei Jahren eine klare Absage erteilt hat. Wenn auch andere Arbeitsgerichte Arbeitgebern Vertrauensschutz im Hinblick auf die frühere BAG-Rechtsprechung versagen, droht in Zukunft noch in einigen Fällen die Umwandlung sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse in solche ohne Befristung.

Wünschenswert wäre, wenn der Gesetzgeber die Hinweise des Bundesverfassungsgerichts aufnimmt und die Streitfragen rund um das Vorbeschäftigungsverbot für alle Beteiligten ein für alle Mal klärt.

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