Rahmenlieferverträge sind in der Wirtschaft ein fest etabliertes Instrument, um Lieferbeziehungen zu regulieren. Sie bieten die Möglichkeit, Lieferprozesse zu verschlanken, indem sich die Parteien nur ein Mal für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften auf die Bedingungen für Zulieferer für die Lieferung und Abnahme der Ware einigen.
Dabei kommt es oft zu der Situation, dass gerade die Käuferseite (aber nicht nur diese) in existenzieller Weise von dem Bestand und der vertragsgerechten Durchführung des Rahmenliefervertrages abhängig ist. Im Falle des Falles müssen aber viele Unternehmen feststellen, dass die von ihnen (oder auch von juristischer Seite für sie) entworfenen Klauseln des Rahmenliefervertrages nichts oder jedenfalls nicht das wert sind, was sich die Parteien erhofft haben.
Dies deshalb, weil bei den so einfach erscheinenden Bestandteilen des Rahmenliefervertrages im Zuge der Klauselgestaltung zahlreiche Fallen winken, die den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg verhindern.
Diese Blogreihe soll für Unternehmen eine Hilfestellung sein, derartige Fehler zu vermeiden
Viele Unternehmen gehen auch heutzutage noch davon aus, dass die Vertragsklauseln, die sie aufschreiben (oder aufschreiben lassen) im unternehmerischen Handelsverkehr Bestand haben, weil das rechtswirksam sei, was dem unternehmerischen Willen entspricht. Dass dies selbst für individualvertraglich ausgehandelte Vertragsklauseln im Sinne des § 305 I.3 BGB nicht mehr gilt, zeigt allerdings die aktuelle Rechtsprechung.
Im zentralen Blickfeld der Parteien des Rahmenliefervertrages steht zunächst oft der Gedanke, das deutsche Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) gemäß §§ 305 bis 310 BGB und die dazu ergangenen zehntausenden Gerichtsentscheidungen können missachtet werden, da es sich ja bei dem Rahmenliefervertrag nur um ein einziges Vertragswerk handele und nicht um ein standardisiert eingesetztes Vertragsmuster. Subsummiert man allerdings den Rahmenliefervertrag unter die gesetzliche Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in § 305 BGB, nach der es sich um Vertragsbedingungen handeln muss, die von einem Verwender gestellt werden und die für eine Vielzahl von Anwendungsfällen intendiert sind, stellt man schnell fest, dass genau dies auf die Klauseln des Rahmenliefervertrages passt. Denn die Klauseln des Rahmenliefervertrages sind ja gerade zur Rationalisierung dergestalt aufgeschrieben, dass sie Vertragsinhalt aller zukünftigen Ausführungsgeschäfte unter dem Rahmenliefervertrag werden sollen, also für eine Vielzahl von Verwendungen intendiert sind. Damit aber ist geklärt, dass auf den Rahmenliefervertrag regelmäßig das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade doch anwendbar ist.
Gilt somit für den Rahmenliefervertrag das sog. AGB-Recht, dürfen die Klauseln des Vertrages zunächst nicht überraschender Natur sein (§ 305 c Abs. 1 BGB). Dies bedeutet, dass sie sich von Klauseln, wie sie typisch in Rahmenlieferverträgen vorkommen (man beachte, dass es sich bei den Ausführungsgeschäften regelmäßig um Kaufverträge handelt), und sie dürfen sich nicht von dem entfernen, was der Vertragspartner sich aus der Verhandlungssituation vorstellen kann. Als gutes Beispiel kann hier die Inkludierung von Abnahmeregelungen, wie sie aus dem werkvertraglichen Bereich stammen, als Klausel in einem Rahmenliefervertrag, der kaufrechtlicher Natur ist, genannt werden.
Darüber hinaus müssen die Klauseln des Rahmenliefervertrages unter dieser Diagnose, dass das AGB-Recht anwendbar ist, dem sog. AGB-rechtlichen Transparenzgebot (§ 307 I.2 BGB) entsprechen. Dies bedeutet, sie müssen so klar und bestimmt und ohne vermeidbare Unklarheiten gefasst sein, dass ein Rechtsunkundiger Risiken und Tragweite der Klauseln und die aus ihr folgende wirtschaftliche Belastung für sich ohne Weiteres erkennen kann. Hieran stellt die Rechtsprechung zu Recht hohe Anforderungen, die im Wirtschaftsverkehr nicht immer leicht zu erfüllen sind. Unternehmen sind insoweit gut beraten, hier Rechtsberater hinzuzuziehen, welche der „AGB-Sprache“ fließend mächtig sind.
Weiterhin dürfen die Klauseln des Rahmenliefervertrages keine unzulässige Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 BGB darstellen. Dies bedeutet, dass Klauseln, mit denen eine Partei einseitig wirtschaftliche Interessen durch eine einseitige Vertragsgestaltung ohne Nachteilsausgleich für die andere Partei des Rahmenliefervertrages durchzusetzen versucht, nach § 307 BGB unwirksam sind.
Parteien von Rahmenlieferverträgen versuchen oft, die Flucht in individualvertraglich ausgehandelte Klauseln anzutreten, da sie sich mit dem AGB-Recht nicht ausreichend auskennen. Die Anforderungen der Rechtsprechung hier sind allerdings „monströs“ und im Allgemeinen Wirtschaftsverkehr allenfalls für einige wenige Klauseln, nicht jedoch für ein gesamtes Vertragswerk erfüllbar. Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung mittlerweile entschieden hat, dass das AGB-Recht unter dem deutschen Recht als unmittelbarer Grundgesetzausfluss Leitcharakter für die Zivilrechtsordnung hat. Parteien von Rahmenlieferverträgen müssen sich daher vergegenwärtigen, dass individualvertraglich Klauseln, die AGB-rechtlich im vorgenannten Sinne unzulässig sind, als individualvertraglich ausgehandelte Klauseln oft dem Verdikt der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) unterliegen oder gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB).
Bei Rahmenlieferverträgen muss stets das AGB-Recht und die dazu ergangene, fallspezifische Rechtsprechung zu den einzelnen Vertragsklauseln beachtet werden. Geschieht dies nicht, können im Streitfall aus der für den Verwender günstigen Vertragsklausel keinerlei Rechte abgeleitet werden, da diese Vertragsklausel entweder nicht Vertragsbestandteil wird oder rechtlich unwirksam ist. Dabei sei bemerkt, dass sich nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur diejenige Partei auf die Unwirksamkeit der Vertragsklauseln berufen kann, die diese nicht als Verwender in die Vertragsverhandlung bzw. den Vertragsentwurf eingebracht hat. An vermeintlich ungünstigen Vertragsklauseln muss sich daher der Klauselverwender festhalten lassen, obwohl sich die andere Partei auf deren Unwirksamkeit berufen kann.
Hinzu kommt nach neuer Rechtsprechung, dass AGB-rechtlich unzulässige Klauseln eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 a UWG darstellen und damit abmahnfähig sind. So passiert es neuerdings, dass Verwender von Rahmenliefervertragsmustern, die sich nicht die Mühe gemacht haben, das AGB-Recht hierin einzuhalten, „freundliche“ Post vom Wettbewerber erhalten.
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