Rahmenlieferverträge sind in der Wirtschaft ein fest etabliertes Instrument, um Lieferbeziehungen zu regulieren. Sie bieten die Möglichkeit, Lieferprozesse zu verschlanken, indem sich die Parteien nur ein Mal für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften auf die Bedingungen für Zulieferer für die Lieferung und Abnahme der Ware einigen.
Dabei kommt es oft zu der Situation, dass gerade die Käuferseite von dem Bestand und der vertragsgerechten Durchführung des Rahmenliefervertrages abhängig ist. Im Falle des Falles müssen aber viele Unternehmen feststellen, dass die von ihnen (oder auch von juristischer Seite für sie) entworfenen Klauseln des Rahmenliefervertrages nichts oder jedenfalls nicht das wert sind, was sich die Parteien erhofft haben.
Diese Blogreihe soll für Unternehmen eine Hilfestellung sein, derartige Fehler zu vermeiden – in Teil 4 der Reihe lesen Sie: Irrglaube an die Spezifikation – Haftungsfalle für viele Unternehmen
In Rahmenlieferverträgen spielen die geschuldeten Eigenschaften und die Qualität der zu liefernden Waren sowohl für den Lieferanten als auch für die Käuferseite eine erhebliche Compliance-relevante Rolle. Letztlich bestimmt die Frage, was im Rahmen der Zulieferung geschuldet ist, bei einer Nichteinhaltung über § 280 BGB auch die Frage der Haftung auf Schadensersatz.
Häufig ist im aktuellen Wirtschaftsverkehr festzustellen, dass sowohl die Lieferantenseite als auch die Käuferseite sich nicht darüber bewusst ist, was eigentlich geschuldet ist. Vielmehr ist ein Irrglaube an und eine Fokussierung auf die Spezifikation des jeweiligen Liefergegenstandes festzustellen.
Regelmäßig fängt dieser Irrglaube auf der Lieferantenseite damit an, jede noch so willfährig formulierte Spezifikation, die dem Rahmenliefervertrag beigefügt wird, sei rechtlich wirksam und könne, wenn sie nur den Lieferanten entlastende Formulierungen hinsichtlich der geschuldeten Eigenschaften enthalte, zur Enthaftung des Lieferanten beitragen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Spezifikationen bei Rahmenlieferverträgen unterliegen in aller Regel dem sog. AGB-rechtlichen Transparenzgebot des § 307 I. 2 BGB. Dieses gilt nämlich auch dort, wo die Allgemeine AGB-Kontrolle nicht eingreift, und daher auch für den geschuldeten Leistungsgegenstand und somit auch für die Spezifikation. Die Anforderungen der Rechtsprechung des BGH an die Einhaltung des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes sind hoch. Danach muss eine Spezifikation so formuliert sein, dass sie der durchschnittliche Vertragspartner (dies wird nicht immer der technisch versierte Entwickler auf der anderen, der Käuferseite sein) ohne Einholung von zusätzlichem Rat verstehen kann. Jede vermeidbare Unklarheit macht dabei eine Regelung in einer Leistungsspezifikation in aller Regel nach § 307 I. 2 BGB unwirksam. Die Folge solch unwirksam gestalteter Spezifikationen ist, dass der Lieferant etwas völlig anderes schuldet als von ihm angenommen. Das Geschuldete bestimmt sich sodann nach § 434 BGB, der einen in der Wirtschaft noch weitgehend unbekannten, deutlich verschärften Mängelbegriff enthält.
Vielfach trifft man in der Wirtschaft noch das Verständnis des alten, bis zum Jahre 2022 geltenden Mängelbegriffs, der auch determinierte, was der Lieferant im Rahmen eines Rahmenlieferverhältnisses schuldete. Hiernach (dem alten Mängelbegriff des § 434 BGB) waren vom Lieferanten lediglich diejenigen Eigenschaften geschuldet, die in einer (wirksamen) Spezifikation zum Rahmenliefervertrag niedergelegt waren. Gab es eine solche (oder eine rechtswirksame) Spezifikation nicht, musste der Liefergegenstand zum vertraglich vorausgesetzten Zweck geeignet sein. War auch ein solcher Zweck nicht vorhanden, musste der Liefergegenstand die gewöhnlichen Eigenschaften derartiger Liefergegenstände aufweisen.
Die alte Rechtslage hat sich jedoch zulasten der Lieferantenseiten bei Rahmenlieferverträgen durch die Neufassung des § 434 BGB deutlich verschärft.
Nach dem neuen verschärften Sachmängelbegriff des §434 BGB ist die vom Lieferanten unter einem Rahmenliefervertrag gelieferte Sache nur noch dann frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen und den objektiven Anforderungen sowie den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. Aus einem alternativen Szenario hat der Gesetzgeber zulasten der Lieferantenseite und zugunsten der Käuferseite daher im Kaufrecht ein kumulatives Szenario entwickelt.
Die entsprechenden subjektiven Anforderungen an den Liefergegenstand liegen dann vor, wenn dieser
Demgegenüber liegen die objektiven Anforderungen an den Liefergegenstand vor, wenn dieser
Im Übrigen ist zwischenzeitlich in der Rechtsprechung geklärt, dass der Lieferant stets beim Liefergegenstand auch die Eigenschaften schuldet, welche er in der Werbung dargetan hat.
Das vorstehend wiedergegebene Szenario führt dazu, dass erhebliche Teile der Lieferwirtschaft die von ihnen bei Rahmenlieferverträgen geschuldeten Eigenschaften des Liefergegenstandes nicht zu erreichen vermögen. Diesbezüglich ergibt sich sowohl vertragsrechtlicher als auch AGB-rechtlicher Handlungsbedarf.
Mangels höchstrichterlicher Entscheidung muss derzeit davon ausgegangen werden, dass bei AGB-Klauseln zwar Teile der objektiven Anforderungen in standardisierten Vertragsklauseln abbedungen werden können, nicht jedoch die subjektiven Anforderungen.
Die vorstehende Lage zeigt, dass Unternehmen sich auf das, was nach aktueller Rechtslage geschuldet ist, bei Rahmenlieferverträgen einstellen sollten. Sowohl auf der Lieferanten- als auch auf der Käuferseite ergibt sich dabei erheblicher Änderungsbedarf an Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Allgemeinen Einkaufsbedingungen sowie den Mustern von Rahmenverkaufsverträgen und Rahmeneinkaufsverträgen. Wegen der AGB-rechtlichen Implikation sollten sich Unternehmen dabei stets von einem AGB-rechtlich versierten Juristen begleiten lassen.
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