Die Europäische Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) trat am 25. Mai 2017 in Kraft (ebenso wie die In-Vitro-Diagnostika Verordnung). Nach einer Übergangsfrist (für einen Großteil der Regelungen), innerhalb derer die Zertifizierung von Medizinprodukten noch nach altem Recht möglich war, sollte die Verordnung ursprünglich ab dem 26. Mai 2020 zur Anwendung gelangen. Corona-bedingt hat der europäische Gesetzgeber den Geltungsbeginn der MDR um ein Jahr auf den 26. Mai 2021 verschoben.
Die MDR ersetzt die Medizinprodukte-Richtlinie 93/42/EG (Medical Device Directive, MDD) sowie die Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte (90/385/EWG). Die Tatsache, dass die in den einzelnen Mitgliedstaaten umsetzungsbedürftige Richtlinie durch eine unmittelbar innerstaatliche Geltung entfaltende EU-Verordnung abgelöst wurde, ist Ausdruck des generellen Kurswechsels der europäischen Rechtsetzung insb. im Produktbereich. Gleichwohl sind dennoch Anpassungen im nationalen Medizinprodukterecht erforderlich.
Die MDR definiert im Wesentlichen die Anforderungen, die Hersteller von Medizinprodukten sowie die übrigen Wirtschaftsakteure entlang der Lieferkette erfüllen müssen. Die Verordnung sieht vor allem erhöhte Anforderungen an das Inverkehrbringen und die Überwachung von Medizinprodukten in der Europäischen Union vor.
Überblick der wichtigsten Neuerungen
Besondere Herausforderungen für Wirtschaftsakteure
Konformitätsbescheinigungen, die nach der MDD ausgestellt wurden, sind weiterhin gültig, allerdings maximal bis zum 27. Mai 2024. Bis zu diesem Zeitpunkt können Produkte zwar noch auf dieser Grundlage in Verkehr gebracht werden. Allerdings gelten auch für diese Produkte im Übrigen ab dem 26. Mai 2021 die Vorgaben der MDR.
Produkte, die bis zum 25. Mai 2021 nach der MDD in Verkehr gebracht werden (z.B. Lagerware), dürfen bis zum 26. Mai 2025 noch bereitgestellt / in Betrieb genommen werden. Wichtig ist, dass der Handel mit gebrauchten Produkten nicht von dieser Abverkaufsregelung erfasst ist.
Hohe Anforderungen stellt die MDR aber nicht nur an die Hersteller von Medizinprodukten. Sie gelten auch für die Benannten Stellen, die für die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten – mit Ausnahme der Risikoklasse 1 – notwendig sind. Auch sie müssen ihre Benennung für die MDR neu beantragen
Die wohl größte praktische Herausforderung liegt aktuell darin, dass es eine viel zu geringe Anzahl Benannter Stellen für die Zertifizierung der Produkte nach MDR gibt. Diese sind aber zwingend erforderlich, um die notwendigen Konformitätsbewertungsprozesse für Medizinprodukte durchzuführen. Die bestehenden Benannten Stellen haben selbst einen Zertifizierungsprozess zu durchlaufen, da ihre ursprüngliche Zertifizierung nach MDD mit Geltung der MDR entfällt. Nach wie vor befindet sich ein großer Teil der Benannten Stellen in der Phase der Akkreditierung. Es ist daher offen, wie viele Prüfstellen zu welchem Zeitpunkt das Verfahren abschließen können
Darüber hinaus erhöht die MDR die Anforderungen an die klinische Evidenz von Medizinprodukten. Zukünftig erfordern alle Medizinprodukte, unabhängig von ihrer Risikoklasse, eine klinische Bewertung. Das neu eingeführte „Scrutiny“-Verfahren bedeutet eine verbesserte Überwachung von neuen, implantierbaren Produkten der Risikoklasse III, sowie von Arzneimittel-haltigen Produkten der Klasse IIb vor Markteintritt. Zusätzlich zu den erhöhten Anforderungen an den Hersteller gelten ab sofort auch strengere Regeln für die Benannten Stellen. Um Medizinprodukte zulassen zu dürfen, müssen diverse zusätzliche Anforderungen erfüllt werden. Zudem sind die Benannten Stellen dazu verpflichtet, unangekündigte Audits bei den Herstellern durchzuführen. Zusätzliche Anforderungen an die von den Herstellern zu liefernde technische Dokumentation erhöhen den Umfang und die Komplexität der Dokumentation erheblich.
Fazit
Für viele Wirtschaftsakteure stellt die Verschiebung der Geltung der MDR einen wichtigen Schritt dar, der es ihnen ermöglicht, Medizinprodukte weitere zwölf Monate nach der bislang geltenden Rechtslage der MDD in Verkehr zu bringen.
Gleichwohl ist es für Hersteller von Medizinprodukten sinnvoll und auch angezeigt, die im Einzelfall erforderlichen Schritte zur Herbeiführung der MDR-Compliance von Produkten sowie Unternehmen – trotz der Verschiebung – jetzt zu ergreifen. Insbesondere da die MDR regelmäßig einen recht umfassenden Anpassungsbedarf auslöst, sollten nun unbedingt die notwendigen Schritte eingeleitet bzw. umgesetzt werden.
Schließlich wirkt sich die Verschiebung des Geltungsbeginns der MDR nicht auf die Übergangsfrist (26. Mai 2024) für die Toleranz von Medizinprodukten, die noch nach der MDD in Verkehr gebracht wurden, aus. Diese „verkürzt“ sich nun von vier auf drei Jahre.
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