BAG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – 5 AZR 591/16 –
Frage:
Sind Bereitschaftszeiten mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten?
Sachverhalt:
Die Parteien stritten über eine (zusätzliche) Vergütung von Bereitschaftszeiten mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Der klagende Rettungsassistent hatte im streitigen Zeitraum mehr als 300 Stunden Bereitschaftsdienst für seinen Arbeitgeber geleistet.
Entscheidung:
1. Bereitschaftszeit ist mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.
2. Leistet der Arbeitnehmer Vollarbeit und Bereitschaftsdienst, ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn er für die in einem Kalendermonat erbrachte Arbeit – einschließlich der Bereitschaft – mindestens eine Bruttovergütung erhält, die das Produkt der Gesamtstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreitet.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer verdient EUR 2.500 brutto pro Monat. Er arbeitet in einem Monat 40 Stunden pro Woche und leistet zusätzlich 40 Stunden Bereitschaftszeit. Daraus folgt eine mit dem Mindestlohn zu vergütende Gesamtarbeitszeit von 213,2 Stunden (4,33 Wochen x 40 Stunden Arbeitszeit + 40 Stunden Bereitschaftszeit). Aufgrund des gesetzlichen Mindestlohns muss dem Arbeitnehmer mindestens eine Vergütung in Höhe von EUR 1.884,69 (213,2 x EUR 8,84) für diesen Monat gezahlt werden. Hat der Arbeitnehmer in dem Monat mehr verdient, ist sein Mindestlohnanspruch durch Erfüllung erloschen, auch wenn er für die Bereitschaftszeiten (vertraglich) möglicherweise weniger als EUR 8,84 pro Stunde als Vergütung bekommen hat.
Fazit:
Die Entscheidung des BAG überzeugt. Es ist mittlerweile anerkannt, dass Vollarbeit und Bereitschaftszeiten unter Mindestlohngesichtspunkten identisch zu behandeln sind. Schließlich ist der Arbeitnehmer während seiner Bereitschaft nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort frei zu bestimmen und muss sich zur Arbeitsaufnahme bereithalten. Es würde Sinn und Zweck des Mindestlohns widersprechen, solche Zeiten als nicht mindestlohnpflichtig zu behandeln. Wünschenswert wäre, wenn das BAG die Gelegenheit bekäme, die Frage auch für die Rufbereitschaft zu klären, während der ein Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort grundsätzlich frei wählen darf, wenn er innerhalb einer bestimmten Zeit (häufig 30-45 Minuten) auf Anforderung des Arbeitgebers seine Arbeitsleistung beginnen kann.
Das LAG Hessen hat mit Urteil vom 21. November 2016 – 16 Sa 1257/15 entschieden, dass Rufbereitschaft keine mindestlohnpflichtige Arbeitszeit ist. Dies überzeugt aufgrund des qualitativen Unterschiedes zwischen Bereitschaftszeit und Rufbereitschaft – die Bereitschaftszeit ist der Vollarbeit wesentlich näher als die Rufbereitschaft, die von Arbeitnehmern regelmäßig eher als Freizeit und nicht als Arbeit empfunden wird.
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