Lohnherstellung: Für viele ein Buch mit mehr als 7 Siegeln

Lohnherstellung: Für viele ein Buch mit mehr als 7 Siegeln

Das Risiko späterer Rechtsstreitigkeiten vermeiden

Lohnherstellung ist in vielen Bereichen der industriellen Fertigung vertreten. Vor allem in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharma-Industrie, aber auch im Automobilsektor hat sich die Beauftragung von Lohnherstellern bewährt. Auf diese Weise können bei der Produktion personelle und finanzielle Erleichterungen erzielt werden. Auch Kooperation leben immer häufiger zur Ressourcenaufteilung Lohnherstellungsmodelle. Auftraggeber und Auftragnehmer sollten sich jedoch ausreichend vor rechtlichen Haftungsrisiken schützen, da ansonsten unangenehme und langwierige Rechtsstreitigkeiten drohen, wie leider die anwaltliche Praxis zeigt.

Rechtliche Risiken und Gefahren minimieren

Zeit und Geld zu sparen, mag zunächst verlockend für Unternehmen klingen. Dennoch ist in diesem Bereich Vorsicht geboten. Für beide Parteien gilt es, typische – im Zusammenhang mit Lohnherstellungsverträgen – wiederkehrende, nicht unerhebliche rechtliche Risiken und Gefahren zu minimieren.

Erforderlich für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist stets ein professionell abgefasster Lohnherstellungsvertrag, in welchem alle wesentlichen rechtlichen Regelungspunkte unter Berücksichtigung regelmäßig des AGB-Rechtes geregelt sind. Die Vertragsparteien müssen hierbei die Reichweite der Herstellungs-, Prüfungs- und Lieferpflichten klar und deutlich definieren und vereinbaren, um teure Haftungsfälle und Missverständnisse zu vermeiden. Hintergrund hierfür ist, dass in der Praxis die meisten Streitfälle aufgrund von unklaren Auftragsbeschreibungen hinsichtlich des Auftragsumfangs und der wechselseitigen Verantwortlichkeiten entstehen. Bestes Beispiel ist hier oft die unzulängliche Regelung eines Beistellvorganges von Rohstoffen oder ‚Bulkware‘ oder AGB-rechtlich unwirksame Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen.

Insbesondere sollten bei der Ausgestaltung des Vertrages die folgenden Gesichtspunkte geregelt werden:

Regelung entlang der Rechtsnatur des Lohnherstellungsvertrages
Der Lohnherstellungsvertrages wird häufig als Werklieferungsvertrag den kaufrechtlichen Regelungen unterfallen – und zwar unabhängig davon, wer den zu verarbeitenden Rohstoff beistellt. Lediglich wenn der Auftragnehmer ein über die Herstellung und Übereignung hinausgehenden erfolgt, z.B. die Einbringung in einen weiteren Gegenstand schuldet, wird man von der Anwendung werkvertraglicher Regelungen ausgehen können. Sich hieraus ergebende Regelungsbedarfe betreffen u.a. die Regelungen der Wareneingangskontroll- und Rügepflicht nach § 377 HGB, sowohl hinsichtlich des beigestellten Rohstoffes als auch des letztlichen Kaufgegenstandes.

Unbefugte Weiterverwendung von Mustern oder Weitergabe an Wettbewerber
Bei der Weitergabe von für die Produktion erforderlichen Muster, Daten und Angaben öffnet sich der den Lohnherstellungsauftrag erteilende Unternehmer gegenüber dem Lohnhersteller. Hierdurch ergibt sich die Gefahr, dass der Lohnhersteller ungewollt Zugang zu Informationen und Daten erhält, welche die inneren Angelegenheiten des Auftraggebers betreffen. Aufgrund der Gefahr von Nachahmungen sollte sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung von sich von den Regelungen des GeschGehG. abgrenzenden Geheimhaltungsklauseln rechtlich schützen. Auch die Frage von (kartellrechtlich geprüften) Exklusivitätsregelungen müssen sich hier aufdrängen.

Insoweit sollten sich die Parteien darüber Gedanken machen, inwieweit die Möglichkeit des Lohnherstellers zur Weitergabe der Produkte an Wettbewerbern eingeschränkt werden sollte. Wettbewerbsverbote zu Lasten des Lohnherstellers müssen, um wirksam zu sein, in Übereinstimmung mit dem anwendbaren Wettbewerbsrecht entworfen werden.

Rechtliche Fragen rund um den gewerblichen Rechtsschutz können einen zusätzlichen Aspekt darstellen, die beidseitig im Vertrag berücksichtigt werden müssen. Während der Dauer eines Projekts können sich – unabhängig vom ursprünglichen Auftrag – neue gewerbliche Schutzrechte entwickeln, deren Inhaber nur eine Vertragspartei werden soll. Fragen über die Inhaberschaft sind in einem solchen Fall nicht leicht zu beantworten, weshalb im Vertrag vorab diese Rechte eindeutig festgelegt und zugeordnet werden müssen. Aber auch ein geteilte Rechtsinhaberschaft muss hinsichtlich wechselseitiger etwaiger Lizensierung sauber rechtlich geregelt werden.​​​

Fehlerhafte Produkte und Produktionsabläufe
Es sollte ein klares Regelwerk für die Annahme und Ablehnung gelieferter Produkte zwischen den Parteien vereinbart werden. Insbesondere sollten Untersuchungs- und Prüfungsverfahren sowie Fristen für die Geltendmachung und den Ausschluss von Rechten bestimmt werden. Wenn es zu Verzögerungen im Produktionsablauf kommt und hierdurch vereinbarte Liefertermine nicht eingehalten werden können, sollten Ersatzlösungen oder Abhilfemaßnahmen vereinbart werden. Ferner sollten weitergehende Rechte wie Stornierungen und Kündigungsrechte mit in den Vertrag aufgenommen werden, da bei wesentlichen und schweren Vertragsverletzungen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses oftmals einer Vertragspartei nicht mehr zugemutet werden kann.

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Zudem müssen Gewährleistungs- und Haftungsregelungen darauf abgestimmt werden, dass ja über die oft gegebene auftraggeberseitige Beistellung eine geteilte Verantwortlichkeit für das Endprodukt gegeben sein dürfte. Dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifika der betroffenen Industrie, z.B. der Pharmaindustrie.​​​​​​​

Gegenseitige Freistellungsverpflichtungen
Grundsätzlich stellt jede Partei üblicherweise die andere Partei von Schäden und der Haftung frei, die auf Ansprüchen Dritter infolge bestimmter Handlungen oder Umstände beruhen, für die die freistellende Partei verantwortlich ist. Für die Wirksamkeit von Freistellungsvereinbarungen im Verhältnis zu Dritten werden in der Regel aber AGB-rechtlich hohe Anforderungen gestellt. Es sollte möglichst genau formuliert werden, unter welchen Voraussetzungen und Umständen der Vertragspartner für welche Fälle einstehen muss. Dabei sich die die neueren Urteile des BGH zu AGB-rechtlichen Anforderungen an derartige Freistellungsklauseln zu beachten.

Komplexe europarechtliche Regularien ​​​​​​​​​​​​​​
​​​​​​​Zu den bereits komplexen vertraglichen Regelungen zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer, erschweren zusätzlich europarechtliche Regelungen die Übertragung der Produktion. Der Auftraggeber muss hierbei gewährleisten, dass die europarechtlichen Vorgaben für bestimmte Produkte z.B. die nötigen Kennzeichnungen, stoffliche Zusammensetzungen, auch bei der Herstellung durch den Lohnhersteller eingehalten werden.

Lohnherstellung ja, aber unter klar definierten rechtlichen Bedingungen

Die Parteien des Lohnherstellervertrages sollten zunächst bestens über die Vor- und Nachteile informiert sein. Sie sollten unter Hinzuziehung eines Experten die vorbenannten Punkte in den Verträgen sorgfältig ausarbeiten und definieren. Hierdurch können Sie nicht nur Ihre Betriebsabläufe effizienter gestalten, sondern sich gleichzeitig gegenüber potenziellen Haftungsrisiken absichern damit die Lohnherstellung zur Chance und nicht zu einem Risiko wird.

Über den Autor:

Christoph Schmitt ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Hoffmann Liebs Düsseldorf und anerkannter Spezialist für nationales und internationales Vertrags- und AGB-Recht sowie Autor zahlreicher Fachbücher auf diesem Gebiet. Im Rahmen seiner Tätigkeit berät er nationale und internationale Firmen u.a. bei der Gestaltung und Verhandlung von Lohnherstellungsverträgen und Durchsetzung von Ansprüchen hieraus.

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