Fehler bei der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 6: AGB

Fehler bei der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 6: AGB

I. Fallstricke bei der Einbeziehung von AGB in Unternehmerverträge (B2B)

Bekanntermaßen muss für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Unternehmensverkehr (B2B) die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vor Vertragsschluss nicht der anderen Partei vorgelegt werden. Vielmehr reicht es aus, wenn ausdrücklich deutlich auf die Geltung der AGB verwiesen wird und eine zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit geschaffen wird.

Praxistipp:
Es sei empfohlen, hinsichtlich der Erfüllung der „zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit“, nicht nur auf eine mögliche Einsichtnahme auf der Homepage zu verweisen, da dies prozessual zu nicht händelbaren Beweisschwierigkeiten führt. Zudem muss nachgewiesen werden, welche Version der AGB zum jeweiligen Zeitpunkt eingestellt war und dass der Vertragspartner diese auch tatsächlich zur Kenntnis nehmen konnte. Verweisen Sie daher immer gleichzeitig auch auf die Möglichkeit der unentgeltlichen Anforderung der AGB.

Formulierungsbeispiel:
„Ergänzend gelten unsere Allgemeinen Auftrags-/Lieferbedingungen (Stand …… unter www…… \AGB), die wir Ihnen auf erste Anforderung auch gerne unentgeltlich jederzeit zur Verfügung stellen. (Das Kennwort für den geschützten Abrufbereich auf unserer Hompage lautet: …….).!

Es ist auch darauf zu achten, dass zur Erfüllung des Zumutbarkeitskriteriums nach aktueller Rechtsprechung sich der Hinweis auf die Einbeziehung der AGB deutlich vom übrigen Text – etwa eines Angebotes – abheben muss. Zudem sollten die AGB stets in einem geschlossenem, kennwortgeschütztem Bereich stehen, damit sie nicht von Scroller-Software gefunden werden. So kann das Abmahnrisiko gesenkt werden.

Die Einbeziehung der AGB im internationalen B2B-Verkehr (Cross-Border) setzt anders als innerhalb der Bundesrepublik Deutschland – neben dem ausdrücklichen Verweis auf die Geltung der AGB – zusätzlich auch voraus, dass diese vor Vertragsschluss der anderen Partei körperlich zugänglich gemacht wurden. Ein Angebot sollte daher an grenzüberschreitende Kunden nur dann abgegeben werden, wenn dieser – in beweisbarer Form,

– den vorherigen Erhalt der AGB (also vor dem Angebot),
– mit dem jeweils genannten Stand der AGB,
– und der Bestätigung der Vollständigkeit und Lesbarkeit bestätigt hat.

Praxistipp:
Bitte beachten Sie insoweit, dass ein Telefax-Protokoll mit dem Vermerk „OK“ oder ein E-Mail-Versand oder Empfangsbestätigung vor Gericht keinerlei Beweiskraft hat. Weiterhelfen kann hier also nur eine Vorübermittlung des Angebotes übersandt per Telefax- oder pdf-Empfangsquittung, welche (i) den vollständigen Zugang der AGB beim Kunden, (ii) deren Stand und (iii) deren vollständige Lesbarkeit durch eine vertretungsberechtigte Person auf Kundenseite bestätigt.

II. Einbeziehung von AGB kraft Auftragsbestätigung

Nach der aktuellen Rechtsprechung können AGB, auf die gemäß Ziffer I bei dem Angebot nicht ausreichend verwiesen wurden, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur ausnahmsweise auch über eine Auftragsbestätigung Vertragsbestandteil werden. Dies nur dann, wenn auf sie besonders ausdrücklich hingewiesen wurde und der Kunde sodann die Lieferung vorbehaltslos annimmt.

Praxistipp:
Aus Compliance-Gründen ist mit Hinblick auf das vorgenannte Risiko die Einbeziehung von AGB erst über eine Auftragsbestätigung auf absolute Ausnahmefälle zu beschränken!

III. Einbeziehung über ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Wird ein mündlicher oder textlicher Vertragsabschluss von einer Partei vor unverzüglichem Abschluss des Vertrages bestätigt, spricht man von einem sog. „kaufmännischem Bestätigungsschreiben“. Der Vertrag kommt dann im kaufmännischen Geschäftsverkehr in der Form und dem Inhalt zustande, wie er in dem Bestätigungsschreiben aufgeführt ist, soweit derjenige, der das Bestätigungsschreiben absendet, damit rechnen kann, der Vertragspartner werde etwa die Abgleichung von dem zuvor Vereinbarten auch hinnehmen.

Nach der Rechtsprechung können AGB innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur ausnahmsweise bei einem entsprechenden Hinweis auf ihre Geltung in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben noch in Form des „Nachschiebens“ Vertragsbestandteil werden. Dies nur unter folgenden kumulativen Voraussetzungen:

– das kaufmännische Bestätigungsschreiben erfolgt unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes Zögern) nach dem Vertragsschluss;
– es erfolgt ein besonders ausdrücklicher Hinweis auf die Geltung der einbeziehenden AGB;
– mit der Akzeptanz des Inhaltes der nachgeschobenen AGB durch den Vertragspartner kann möglicherweise gerechnet werden. Dies ist nicht der Fall, wenn bekanntermaßen der Vertragspartner in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine AGB-Abwehrklausel gegen fremde AGB aufgenommen hat.

Praxistipp:
Die erstmalige Einbeziehung von AGB durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben führt oft dazu, dass diese aufgrund der vorstehenden Rechtsprechung nicht Vertragsbestandteil werden. Dies ist daher nicht compliance-gemäß und sollte absolute Ausnahme sein.

IV. Kollision von Ver- und Einkaufsbedingungen

Nach aktueller Rechtsprechung gilt für den Fall, dass der eine Vertragspartner auf seine allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen und der andere Vertragspartner auf seine allgemeinen Einkaufsbedingungen verweist, folgendes:
Die jeweiligen AGB werden nur insoweit Vertragsbestandteil, als sie sich inhaltlich decken. Dies ist regelmäßig wegen der gegensätzlichen Interessen nahegehend so gut wie in keinem Bestandteil der Fall.

Praxistipp:
Die Kollisionslage von allgemeinen Verkaufsbedingungen führt daher für den Verkäufer dazu, dass die in den AGB vorgesehenen Haftungs- und Gewährleistungsbeschränkungen nicht zum Zuge kommen und die Verkäufer selbst bei leichter Fährlässigkeit der Höhe nach unbeschränkt auch für mittelbare Schäden haftet. Es ist daher sorgfältig darauf zu achten, ob die vorgenannte Kollisionslage durch die Kommunikation mit dem Vertragspartner entsteht. Ist dies der Fall, muss der Vertragsentstehungsvorgang angehalten und mit dem Vertragspartner die Lage geklärt werden. Alles andere wäre compliance-widrig.

Eine in den eigenen AGB enthaltene AGB-Abwehrklausel führt dagegen immer nur dazu, dass die fremden AGB nicht Vertragsbestandteil werden. Es führt aber nicht automatisch dazu, dass die eigenen AGB Vertragsbestandteil werden.

Teil 7 unserer Blog-Reihe erscheint am 19.04.2019. Darin geht es um das Thema: Direktvertriebsrecht

Unsere Beitragsreihe „Fehler bei der Vertragsgestaltung vermeiden“ erscheint 14-tägig, immer Freitags.

Bisher erschienene Teile zum nachlesen:
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 1: Leistungsänderung
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 2 Haftungsausschlüsse und -begrenzungen
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 3 Vertragsstrafe
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 4 Schadenspauschalierung
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 5 Geheimhaltungsvereinbarung
Fehler in der Vertragsgestaltung vermeiden – Teil 6 AGB

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