Der vorliegende Beitrag ist ein Follow-Up zum Artikel „Unmittelbare Auswirkungen des 5. EU-Sanktionspakets gegen Russland auf Neu- und Altverträge Öffentlicher Auftraggeber im Oberschwellenbereich“ vom 27.04., den Sie jederzeit kostenlos auf unserem Blog nachlesen können.
Die Ergänzung der EU-Verordnung Nr. 833/2014 um Art. 5k durch die EU-Verordnung Nr. 2022/576 vom 8. April 2022 tangiert die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen sowie die Abwicklung bereits geschlossener Verträge im Unterschwellenbereich nicht.
Es besteht zurzeit kein Handlungsbedarf. Vielmehr ist eine überobligatorische Handlung mit Vorsicht zu genießen:
Das in Art. 5k vorgesehene und seit dem 9. April 2022 zu beachtende Verbot öffentliche Aufträge und Konzessionen an Personen / Unternehmen mit Bezug zu Russland zu vergeben bzw. den Zuschlag auf Angebote dieser Personen / Unternehmen zu erteilen (Zuschlagsverbot) sowie das Verbot, Verträge, die vor dem 9. April 2022 geschlossen worden sind, nach dem 10. Oktober 2022 weiter zu erfüllen (Vertragserfüllungsverbot), finden im Unterschwellenbereich keine Anwendung.
Gemäß Art. 5k Abs. 1 der EU-Verordnung Nr. 2022/576 gelten das Zuschlags- und Vertragserfüllungsverbot ausdrücklich nur für „[…] öffentliche Aufträge oder Konzessionen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe […]“ und damit unmittelbar nur für Auftragsvergaben über dem Schwellenwert. Eine Anwendungsverpflichtung für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte besteht demnach nicht.
Ausweislich des Fragen-Antwort-Katalogs der Europäischen Kommission zum 5. EU-Sanktionspaket ist die Beschränkung des Art. 5k auf Oberschwellenvergaben als sog. De-minimis-Regelung zu verstehen. Verträge mit Personen/Unternehmen mit Bezug zu Russland, deren Wert für sich genommen, keine erhebliche zusätzliche Einnahmequelle Russlands darstellen können, sollen deshalb von den in Art. 5k vorgesehenen Verboten ausgenommen sein.
Auch der Runderlass des BMWK vom 14. April 2022 stellt klar, dass Art. 5k nur im Oberschwellenbereich Anwendung findet. Aus Art. 5k sollen sich für den Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte unmittelbar keine Besonderheiten ergeben.
Solange für nationale Vergaben im Unterschwellenbereich keine zu Art. 5k der Sanktions-VO vergleichbare Regelung gilt bzw. der Bund / die Bundesländer die Relevanz für Vergaben im Unterschwellenbereich nicht ausdrücklich bestätigt, ist die individuelle Anwendung der Regelung im Unterschwellenbereich nicht zu empfehlen.
Sollte ein Öffentlicher Auftraggeber Art. 5k im Rahmen der Unterschwellenvergabe „rein vorsorglich“ dennoch berücksichtigen wollen, besteht das Risiko, dass sich Bieter dann auf eine vergaberechtswidrige Wettbewerbsverengung berufen und der Öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren hierdurch angreifbar macht. Hiervon ist also Abstand zu nehmen.
Mit dem 5. EU-Sanktionspaket gegen Russland gehen keine Auswirkungen für laufende und zukünftige Vergaben öffentlicher Aufträge und Konzessionen im Unterschwellenbereich einher. Handlungsbedarf besteht derzeit nicht. Es bleibt aber abzuwarten, wie der nationale Gesetzgeber, der Bund bzw. die Bundesländer auf Art. 5k der Sanktions-VO reagieren werden. Mit Blick auf die Dynamik der Sanktionsmaßnahmen gegen Russland (zumindest ein 6. EU-Sanktionspaket ist zwischenzeitlich bereits in aller Munde) ist eine solche Reaktion nicht auszuschließen.
Für weiterführende Fragen zur Thematik steht die Autorin des Beitrages, RA Laura Imkamp, auch kurzfristig gern zur Verfügung.
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