Mit Urteil vom 7. Dezember 2023 (Az. VII ZR 231/22) klärte der Bundesgerichtshof (BGH) die bis zuletzt in der Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, in welchem Zeitraum der Kaufpreisanspruch aus einem Bauträgervertrag verjährt: Auf diesen findet grundsätzlich und einheitlich die zehnjährige Verjährung des § 196 BGB Anwendung.
Das Urteil mindert das Risiko, dass Kaufpreisansprüche während der Klärung vom Erwerber behaupteter Mängelrechte verjähren und eröffnet Bauträgern in vielen Fällen die Möglichkeit, ihren Kaufpreisanspruch auch noch nach Ablauf der Verjährung von Mängelrechten der Erwerber durchzusetzen.
Der Bauträgervertrag ist ein klassischer typengemischter Vertrag. Er kombiniert Elemente des Kaufvertrages über das Grundstück oder einen Grundstücksanteil mit denen des Werkvertrages über die Planung und Errichtung des versprochenen Bauwerks.
Mit der Aufnahme von Sonderregelungen für den Bau- und den Ingenieurvertrag in das Werkvertragsrecht Anfang des Jahres 2018 hat der Gesetzgeber auch eine Regelung zum Bauträgervertrag für notwendig erachtet. Dementsprechend ist bei Bauträgerverträgen hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück Kaufrecht anzuwenden, § 650u Abs. 1 Sätze 2, 3 BGB.
Allerdings ist eine differenzierte Betrachtung des Grundstücksverkaufs und der Errichtungsverpflichtung sowohl hinsichtlich Übergabe und Abnahme als auch hinsichtlich der Vergütung in der Praxis unüblich. In der Regel wird ein einheitlicher Kaufpreis für die Bauverpflichtung und Übertragung des Eigentums an dem Grundstück vereinbart.
Hinsichtlich dieses einheitlichen Kaufpreises war bislang umstritten, ob dieser in der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB oder der für die Übertragung eines Grundstücks in § 196 BGB gesondert geregelten zehnjährigen Frist verjährt. Wohl überwiegend wurde in der Rechtsprechung der Land- und Oberlandesgerichte wie auch der Literatur auf Basis einer Entscheidung des BGH vom 12. Oktober 1978 (Az. VII ZR 288/77) die Anwendung von § 195 BGB und damit eine dreijährige Verjährung präferiert. Da diese Entscheidung jedoch auf dem alten Verjährungsrecht ergangen war und dabei auf einen Bauträgervertrag einheitlich die kurze zweijährige kaufvertragliche Verjährung des alten § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB angewendet hatte, bestand infolge der zwischenzeitlich erfolgten kompletten Neuordnung des gesetzlichen Verjährungsrechtes und der gesetzlichen Normierung von Planer-, Bau- und Bauträgerverträgen die Notwendigkeit einer verlässlichen Klärung.
Ebendiese Klarheit besteht mit dem Urteil des BGH vom 7. Dezember 2023 (Az. VII ZR 231/22): Für einen einheitlich für die Grundstückübertragung und die Planungs- und Bauleistung des Bauträgers vereinbarten Kaufpreisanspruch gilt insgesamt die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB.
Dem Verfahren lag ein Bauträgervertrag vom 26. Januar 2013 über die Errichtung einer Eigentumswohnung verbunden mit der Übertragung eines Miteigentumsanteils zugrunde. Der Bauträger meldete Ende November 2014 die Fertigstellung des Projekts und forderte die Zahlung der letzten Rate seines einheitlichen Vergütungsanspruchs an, deren Zahlung der Besteller jedoch aufgrund von Mängeln verweigerte. Da keine Einigung erzielt werden konnte, leitete der Bauträger Ende 2017 ein Mahnverfahren ein, das in der Folge allerdings nicht weiter betrieben wurde. Erst Ende 2018 erhob der Bauträger Klage auf den ausstehenden Kaufpreisanteil.
Die Vorinstanzen verneinten den Anspruch des Bauträgers aufgrund Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB habe Anfang 2015 zu laufen begonnen und sei damit grundsätzlich Ende des Jahres 2017 abgelaufen. Die mit dem – nicht weiter betriebenen – Mahnverfahren erfolgte Hemmung habe nicht bis zur Klageerhebung Ende 2018 gereicht, so dass der Erwerber der verbliebenen Kaufpreisforderung zu Recht die Einrede der Verjährung hätte entgegenhalten dürfen.
Die dreijährige Verjährung des Kaufpreisanspruches nach § 195 BGB begründeten die Vorinstanzen damit, dass bei der Errichtung einer Eigentumswohnung und der Übertragung des Miteigentumsanteils am Grundstück das Interesse des Erwerbers an der Bauleistung gegenüberüber dem Interesse an der Eigentumsübertragung überwiege. So habe der Erwerber regelmäßig kein Interesse an einem unbebauten Grundstückteil, sondern vornehmlich an der Eigentumswohnung als Bauleistung, sodass der Schwerpunkt der Leistung des Bauträgers im Werkvertragsrecht liege und damit für die Verjährung die Regelungen über die Vergütung eines Bauvertrages, mithin § 195 BGB bzw. drei Jahre, Anwendung fänden.
Diese Erwägungen halten nach den Erwägungen des BGH der aktuellen Rechtslage nicht stand.
Der BGH unterstrich dabei zunächst das grundsätzliche Ziel des Gesetzgebers, innerhalb von Vertragsverhältnissen einheitliche Verjährungsfristen zu schaffen, insbesondere auch unter Heranziehung der Gesetzesbegründung des § 196 BGB.
Zwar erscheine der Wortlaut des § 196 BGB für die rechtliche Bewertung zunächst wenig aussagekräftig, da die einheitliche Vergütungsforderung des Bauträgers sowohl als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstückseigentums als auch für die Bauleistung selbst gesehen werden kann, und damit gerade nicht eindeutig dem Wortlaut des § 196 BGB unterfällt, der von der „Gegenleistung“ für die Eigentumsübertragung an einem Grundstück und damit zunächst von der reinen Kaufpreisforderung für das Grundstück oder den Miteigentumsanteil hieran spricht.
Mit einer systematischen und teleologischen Auslegung des § 196 BGB stellt der BGH klar, dass auch der Anspruch der Bauträgers – auf Kaufpreis und Werklohn – grundsätzlich einheitlich zu betrachten sei und somit einer einheitlichen Verjährungsregelung unterfallen müsse. Eine Aufteilung des Anspruchs in zwei separate Verjährungsfristen könne zu unbilligen Ergebnissen führen. Der Gesetzgeber habe gerade diese Ungerechtigkeit im Blick gehabt, als er die Kaufpreisforderung als „Gegenleistung“ der Grundstückseigentumsübertragung in die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB integriert habe und eine einheitliche Verjährung der synallagmatischen Ansprüche der Kaufpreisforderung und Eigentumsübertragung am Grundstück habe schaffen wollen.
Diese Überlegungen seien in gleicher Weise auch auf Bauträgerverträge anwendbar. Welches Verjährungsregime auf diesen einheitlich Anwendung finde, bestimme sich letztlich nach dem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien. Und dieser liege letztlich auf der Übertragung des Grundeigentums:
Vielmehr ist die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück bei einem Bauträgervertrag von wesentlichem Interesse für den Erwerber. Der Anspruch des Erwerbers ist auf Übertragung des Grundstücks mit dem zu errichtenden Bauwerk gerichtet. Das Bauwerk wird mit seiner Errichtung wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Eigentum an dem Grundstück erstreckt sich daher auch auf das Eigentum an dem Bauwerk (§ 946 BGB). Die mit der einheitlichen Vergütung abgegoltenen Leistungen – auch die Leistungen betreffend die Bauwerkserrichtung – haben danach für den Erwerber keinen nachhaltigen Wert, wenn er nicht Eigentümer des Grundstücks wird.
Demzufolge verjähren nach der Klarstellung des BGH vom 7. Dezember 2023 der Anspruch auf Übertragung des Grundeigentums ebenso wie der auf Zahlung des Kaufpreises für die Grundstückübertragung und die vom Bauträger zu erbringende Bauleistung gemäß § 196 BGB in zehn Jahren.
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