Die Bonusvereinbarung – ein Modell, bei dem zusätzlich zum Grundgehalt eine leistungsorientierte Vergütung angeboten wird – hat sich als äußerst wirksamer Anreiz etabliert, um Mitarbeiter zu begeistern, ihre Motivation zu steigern und sie langfristig an das Unternehmen zu binden. So ist die Bonusvereinbarung in der Praxis weit verbreitet, auch wenn die konkrete Ausgestaltung variiert.
Eine bisher weit verbreitete Zielvereinbarungsklausel kann nun jedoch aufgrund einer neuen Entscheidung des BAG für den Arbeitgeber teure rechtliche Risiken mit sich bringen.
Bonuszahlungen können den Unterschied machen, wenn es darum geht, Leistung und Engagement zu honorieren. Mit variablen Vergütungsbestandteilen signalisieren Unternehmen ihren Mitarbeitern, dass herausragende Leistungen auch finanziell honoriert werden. In der Regel werden hierzu Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder in einer Bonusvereinbarung getroffen, die durchweg dem AGB-Recht unterliegen. Die Ausgestaltung solcher Vereinbarungen ist häufig komplex und hängt maßgeblich von der Intention des bonifizierenden Unternehmens ab.
Typischerweise sehen Arbeitsverträge vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer für jede Zielperiode gemeinsam Ziele festlegen, an deren Erreichung die Bonuszahlung gekoppelt ist. Diese Ziele sind in der Regel entweder quantitativ messbar, wie z.B. das Erreichen eines bestimmten Umsatzes oder Auftragseingangs, oder sie sind wertbasiert, wie z.B. die Verbesserung des Unternehmensimages. Diese gemeinsamen Zielvereinbarungen schaffen Transparenz und bieten beiden Seiten die Möglichkeit, realistische und zugleich ambitionierte Ziele zu definieren.
Eine weitere Möglichkeit für den Arbeitgeber, ein Ziel als Voraussetzung für die Bonuszahlung festzulegen, besteht darin, eine einseitige Zielvorgabe des Arbeitgebers in den Vertrag aufzunehmen. Bei einer Zielvorgabe legt der Arbeitgeber die zu erreichenden Ziele einseitig nach billigem Ermessen fest. Der Arbeitnehmer hat kein Mitspracherecht. Die Zielvorgabe räumt dem Arbeitgeber als Verwender ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 BGB ein und ist daher grundsätzlich zulässig. Allerdings unterliegt das einseitige Zielvereinbarungsrecht der AGB-Kontrolle. Danach muss es insbesondere dem Grundsatz billigen Ermessens entsprechen.
In der Praxis hat sich jedoch bisher häufig eine solche spezielle Zielvereinbarungsklausel etabliert: Zunächst soll vorrangig eine gemeinsame Zielvereinbarung getroffen werden. Kommt es zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, erhält der Arbeitgeber das Recht, die Ziele einseitig festzulegen. Diese Regelung, die ursprünglich als Ausweg bei gescheiterten Verhandlungen gedacht war, birgt allerdings rechtliche Risiken für den Arbeitgeber.
So hat das BAG in einem aktuellen Urteil eine solche Klausel für unwirksam erklärt und dem Kläger Schadensersatz wegen der unterbliebenen Zielvereinbarung zuerkannt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer wegweisenden Entscheidung (Az. 10 AZR 171/23) klargestellt, dass eine derartige Klausel, die zunächst den Abschluss einer gemeinsamen Zielvereinbarung vorsieht und erst bei deren Scheitern den Arbeitgeber zu einer einseitigen Zielvorgabe berechtigt, gemäß § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam ist. Die Klausel benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, weil sie dem Arbeitgeber faktisch die Möglichkeit eröffne, Verhandlungen über eine Zielvereinbarung grundlos zu verweigern oder abzubrechen, um einseitig die erforderliche Konkretisierung und Gewichtung der zu erreichenden Ziele vorzunehmen. Im konkreten Fall wurde dem Kläger daher Schadensersatz wegen der unterbliebenen Zielvereinbarung zugesprochen.
Es stellt sich daher die Frage, wie Arbeitgeber diese möglichen nachteiligen Folgen vermeiden und trotz der Entscheidung eine wirksame Zielvereinbarung zumindest nicht zu ihren Lasten gestalten können. Tatsächlich ergeben sich aus der Entscheidung weitreichende Hinweise für die zukünftige Gestaltung von Bonus- und Zielvereinbarungen:
Die Entscheidung des BAG markiert einen wichtigen AGB-rechtlichen Schritt hin zu einer ausgewogeneren Gestaltung von Bonusvereinbarungen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass die vertragliche Zielvereinbarung künftig stärker auf Kooperation und gegenseitige Mitbestimmung setzen muss. Gleichzeitig zeigt das Urteil, wie wichtig eine rechtzeitige und transparente Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist, um finanzielle Nachteile und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Unternehmen, die ihre Anreizsysteme zukunftssicher gestalten wollen, sollten diese Entwicklungen zum Anlass nehmen, ihre vertraglichen Regelungen mit Hilfe eines AGB-Experten zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen – zum Wohle beider Seiten.
Angesichts der sehr hohen gerichtlichen Anforderungen sollten Arbeitgeber zukünftig sogar erwägen, auf die weitere Verwendung der bisherigen Zielvereinbarungsklausel zu verzichten. Stattdessen empfiehlt es sich, ausschließlich auf Zielvorgaben zu setzen. Bei einer Zielvorgabe muss der Arbeitgeber allerdings darauf achten, dass das Ziel rechtzeitig vorgegeben wird, damit der Zweck der Leistungssteigerung und Motivation noch erreicht werden kann. Andernfalls drohen auch hier Schadensersatzforderungen.
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