In der dynamischen und komplexen Welt der Digitalisierung spielen rechtssichere IT-Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen eine zentrale Rolle, um die Beziehungen zwischen Anbietern und Nutzern von IT-Dienstleistungen und Software klar zu regeln. Dies gilt insbesondere im Bereich von Softwareüberlassungs- und IT-Werkverträgen, IT-Dienstleistungsverträgen oder Software-as-a-Service-Verträgen (SaaS).
Die Anbieter solcher Software bzw. IT-Dienstleistungen verwenden hierbei häufig standardisierte, oft weit verbreitete Musterverträge oder AGB und wiegen sich in der trügerischen Sicherheit, dass die dort verwendeten Klauseln wirksam sind und sie auch bei Fehlern oder Mängeln der Leistung die erhaltene Vergütung behalten dürfen und nicht von ihrem Vertragspartner in Anspruch genommen werden können.
Doch das böse Erwachen kommt oft!
Bei den verwendeten Vertragsmustern handelt es sich – häufig übersehen – regelmäßig um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB, so dass diese Klauseln der Inhaltskontrolle unterliegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.
Die Anbieter von Software und/oder IT-Dienstleistungen verwenden dabei für alle Vertragsverhältnisse die jeweiligen Musterverträge, die dem Kunden bereits „fertig“ zugesandt werden. Ein individuelles Aushandeln findet in der Regel nicht statt. Die Wirksamkeit von Musterverträgen im IT-Bereich hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab. Zum einen müssen sie der AGB-Kontrolle standhalten, zum anderen müssen sie an die besonderen Gegebenheiten und Risiken der IT-Branche angepasst werden, wie z. B. die Anforderungen an Datenschutz, Datensicherheit und Verfügbarkeit der jeweiligen IT-Dienstleistung.
In diesem Beitrag soll zunächst nur die Seite der Inhaltskontrolle beleuchtet werden.
Nach § 310 Abs. 1 BGB unterliegen Allgemeine Geschäftsbedingungen auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr (B2B) der gesetzlichen Kontrolle. Für die im Folgenden dargestellten Probleme im B2B-Verhältnis ist daher insbesondere die Kontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB von Bedeutung. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dürfen Vertragsklauseln den Kunden nicht unangemessen benachteiligen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn sie gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßen. Darüber hinaus dürfen Vertragsklauseln nicht intransparent sein oder vermeidbare Unklarheiten enthalten. Dies gilt auch für Klauseln, die für den Vertragspartner überraschend sind.
Eine sorgfältige und präzise Gestaltung der Vertragsklauseln ist dabei unerlässlich, um Transparenz, Fairness, Rechtssicherheit und eben auch AGB-rechtliche Wirksamkeit zu gewährleisten. Leider sind nahezu alle gängigen Muster für derartige Softwareüberlassungs- und IT-Dienstleistungsverträge nicht AGB-konform formuliert und weisen daher zahlreiche (im Übrigen mittlerweile auch wettbewerbswidrige) Vertragsklauseln auf.
Bei IT-Verträgen handelt es sich regelmäßig um typengemischte Verträge, die sich häufig nur anhand der Bestimmung der Hauptleistung einem bestimmten Vertragstyp des BGB zuordnen lassen. Von besonderer Bedeutung sind hier der Kaufvertrag, der Werklieferungsvertrag und der Dienstvertrag.
Um die Unwirksamkeit von Klauseln und die Anwendung der §§ 306/307 BGB zu vermeiden, sind bei der Klauselgestaltung die spezifischen und komplexen Anforderungen der Rechtsprechung an die Wirksamkeit von Klauseln zu beachten. Dies gilt insbesondere im Bereich der für Unternehmen so wichtigen Klauseln wie Gewährleistung und Haftungsbeschränkung. Da die Gewährleistung gesetzlich fest verankert ist und nach herrschender Meinung auch im unternehmerischen Verkehr auf das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung nach dem BGB nicht verzichtet werden kann, muss jede Vertragsklausel den gesamten Bereich der gesetzlich geregelten Gewährleistung abdecken. Gleiches gilt, wenn die Frist für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen verkürzt werden soll. Da § 309 Nr. 7 BGB wegen § 310 Abs. 1 BGB im B2B-Verkehr nicht anwendbar ist, richtet sich die Wirksamkeit einer Klausel gegenüber Unternehmern in erster Linie nach § 307 BGB.
Bei Kauf- oder Werkverträgen im IT-Bereich können die gesetzlichen Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche herangezogen werden. Für IT-Dienstleistungsverträge gibt es jedoch keine gesetzliche Regelung, so dass zu prüfen ist, ob eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist den Kunden in zeitlicher Hinsicht an der Geltendmachung seiner Rechte hindern könnte.
Bei den Haftungsausschlüssen und -beschränkungen ist die Indizwirkung des § 309 Nr. 7 a) und des § 276 BGB der Dreh- und Angelpunkt. Danach ist ein Haftungsausschluss nicht möglich bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit sowie bei der Übernahme eines Beschaffungsrisikos oder einer Garantie. IT-Anbieter sollten hier den von der Rechtsprechung geforderten vollständigen AGB-rechtlichen Ausnahmekatalog innerhalb der Klausel formulieren, um die Wirksamkeit der wichtigen Klauseln herbeizuführen. Gleiches gilt für die Haftungsbeschränkung hinsichtlich der Kardinalpflichten bzw. der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten.
Wesentliche Vertragspflichten (Kardinalpflichten) sind solche, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Nutzer vertraut und vertrauen darf. Dabei sollte vertraglich durch den Leistungsgegenstand und die abstrakte Definition der Kardinalpflichten genau festgelegt werden, welche Leistungen als vertragswesentlich angesehen werden können. Geschieht dies nicht, ist die Klausel gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Bei IT-Dienstleistungsverträgen darf beispielsweise keine Hauptleistungspflicht eingeschränkt werden, die den primären Vertragszweck darstellt.
Unwirksam sind auch Klauseln, die „die Haftung auf den gesetzlich zulässigen Mindestbetrag beschränken“. Eine solche inhaltsleere Formulierung genügt weder den Anforderungen des Klauselverbots nach § 309 Nr. 7 BGB noch dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Für den Vertragspartner ist nicht klar erkennbar, auf welche Haftungsfälle sich die Begrenzung bezieht und wie der „zulässige Mindestbetrag“ ermittelt wird.
Auch die Beschränkung der Leistungspflicht ist als mittelbarer Haftungsausschluss ebenso wie ein genereller Haftungsausschluss für Folgeschäden unwirksam, wenn dadurch die Vertragspflicht in unzulässiger Weise eingeschränkt wird.
Bei SaaS-Musterverträgen (= Software as a Service) können sich im Bereich der Klauselgestaltung AGB-rechtliche Besonderheiten ergeben, die unbedingt zu beachten sind.
Bei einem SaaS-Vertrag erhält der Kunde die Möglichkeit, eine vom Anbieter zur Verfügung gestellte Software zeitweise über eine Datenfernverbindung zu nutzen. Aufgrund der Tatsache, dass der SaaS-Vertrag gesetzlich nicht geregelt ist, ist es zur rechtlichen Einordnung unerlässlich, die geschuldeten Leistungen im Vertrag möglichst detailliert zu definieren. Dazu gehört auch die Definition von Qualitätsstandards oder Abnahmekriterien.
Für den Anbieter ist es ebenso wichtig, im Vertrag klarzustellen, dass es nicht zu seinen Leistungspflichten gehört, dafür zu sorgen, dass die Software immer ohne Komplikationen beim Kunden ankommt. Er muss lediglich sicherstellen, dass die Software dem Kunden zur Verfügung gestellt wird, ist aber nicht für die Qualität oder Verfügbarkeit der Datenfernverbindung verantwortlich.
Unwirksam ist ferner eine Klausel, die dem Verwender ein einseitiges, unbeschränktes Leistungsänderungsrecht einräumt (vgl. BGH NJW-RR 2008, 134). Generell muss bei einseitigen Leistungsänderungsrechten in der jeweiligen Klausel immer genau beschrieben werden, wann davon Gebrauch gemacht werden darf und welche Nachteile der Vertragspartner dadurch erleidet. Für bei Vertragsschluss vorhersehbare Änderungsbedarfe sind sie nach § 307 BGB unwirksam. Außerdem dürfen sie bei Softwareüberlassungs- und IT-Verträgen nicht dazu führen, dass der Vertragspartner nur noch eine Leistung erhält, für die er an sich mit einem neuen Vertragsangebot hätte rechnen müssen.
Weitere Hauptleistungspflichten, wie z. B. Qualitätsanforderungen, sollten in einem dem AGB-rechtlichen Transparenzgebot entsprechenden Service Level Agreement (SLA) seitens des Providers geregelt werden. Hierzu gehören u.a. detaillierte technische Anforderungen wie Verfügbarkeit der Software, Wartungs- und Supportleistungen oder Leistungsstörungen. Dies ermöglicht den Vertragsparteien eine größere Flexibilität hinsichtlich zukünftiger Vertragsänderungen. Insbesondere können Anpassungen in Teilaspekten vorgenommen werden, ohne dass der Hauptvertrag geändert werden muss. Fehlt es an einer solchen präzisen Leistungsbeschreibung, richtet sich die Bestimmung der Hauptleistung nach Mietrecht. Auch wenn es sich bei SaaS-Verträgen um typenkumulierende Verträge handelt, liegt der Schwerpunkt solcher Verträge auf der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Software, die in der Regel als körperliche Sache im Sinne des § 90 BGB zumindest im Arbeitsspeicher verkörpert ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2006 – XII ZR 120/04; Urteil vom 04.03.2010 – III ZR 79/09).
Bei der rechtlichen Einordnung als Mietvertrag ist wiederum die Unwirksamkeit der Beschränkung wesentlicher Vertragspflichten (Kardinalpflichten) zu beachten. Im Bereich des Mietvertrages gehört es beispielsweise zu den Hauptpflichten des Vermieters, eine mangelfreie Mietsache zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend kann sich der Verwender nicht von der Haftung für leicht fahrlässig durch Mängel der Mietsache verursachte Schäden an den in die Mietsache eingebrachten Sachen freizeichnen. Jedenfalls nicht für solche Schäden, gegen die sich der Mieter nicht versichern kann (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673).
Gleiches gilt für die Instandhaltungspflicht als wesentliches Element des Mietvertragsrechts und damit der Sicherung des Vertragszwecks. Im Bereich der SaaS-Verträge dürfte dies Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Softwareanwendung haben.
Eine genaue und umfassende Definition der Leistungspflichten in SaaS-Verträgen ist daher unerlässlich, um spätere Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Durch eine sorgfältige Vertragsgestaltung können die Parteien sicherstellen, dass sowohl die Erwartungen des Kunden als auch die Verantwortlichkeiten des Anbieters klar geregelt sind. Darüber hinaus ermöglicht die Aufnahme eines detaillierten Service Level Agreements (SLA) eine präzise Definition der Qualitätsanforderungen und eine flexible Grundlage für zukünftige Anpassungen
Das Softwareüberlassungs- und IT-Vertragsrecht ist besonders komplex, da nicht nur allgemeine Vertragsbestimmungen, sondern auch technische und branchenspezifische Regelungen zu berücksichtigen sind. Verträge ohne besondere Beachtung des AGB-Rechts sind daher oft das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Die rasante technologische Entwicklung und die Vielfalt der IT-Dienstleistungen, aber insbesondere auch die schnell fortschreitende AGB-Rechtsprechung erhöhen die Komplexität zusätzlich.
Um Risiken zu minimieren, ist es wichtig, die Vertragsklauseln (entgegen gängiger Muster) sorgfältig nach dem AGB-Recht und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu gestalten, Leistungen und Haftungsgrenzen klar zu definieren sowie Musterverträge regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Eine Beratung durch auf AGB-Recht spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist dabei unerlässlich und minimiert Haftungsrisiken nachhaltig. Sie ist auch aus Gründen der Compliance geboten.
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