In der arbeitsteiligen Wirtschaft spielt mittlerweile das „herstellen lassen“ durch Dritte für viele Unternehmen eine entscheidende Bedeutung und die so begründete Lohnherstellungsbeziehung zum Lohnhersteller begründet einen wesentlichen Baustein des Erfolges. In einem breiten Bereich von Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmitteln über Elektronik-Produkte und Handelswaren ist die Lohnherstellung im Geschäftsfeld vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken.
Der nachfolgende Beitrag soll dabei helfen, durch Setzen von Schlaglichtern auf Problemstellungen in der Praxis bei der Abfassung von Lohnherstellungs- und Rahmen-Lohnherstellungsverträgen Fehler bereits bei der Begründung der Vertragsbeziehung möglichst zu vermeiden.
Ist der Lohnherstellungsvertrag als Rahmenvertrag ausgestaltet, ist zunächst zu beachten, dass allein hierdurch nicht der AGB-Charakter seiner Klauseln verhindert wird, da diese ja gerade für vielfache Ausführungsgeschäfte vorgesehen sind. Demgemäß sind die AGB-rechtlichen Nuancen einzuhalten, überraschende Klauseln zu vermeiden, die Klauseln ohne vermeidbare Unklarheiten klar und transparent zu formulieren und unzulässige Benachteiligungen des Vertragspartners durch einseitige Vertragsgestaltung und Nachteilsausgleich zur Vermeidung unwirksamer AGB-Klauseln zu vermeiden.
Bei einer Ausgestaltung als Rahmenvertragsverhältnis ist der Lohnherstellungsvertrag darüber hinaus anzureichern mit einer Regelung, wie die einzelnen Ausführungsverträge überhaupt zustande kommen (z. B. durch Abrufe und Bestätigung), sowie zwingend eine Rangfolgenregelung aufzunehmen wie der Regelung des Rahmen-Lohnherstellungsvertrages zu den Regelungen der einzelnen Lohnherstellungsverträge in Relation stehen sollen. Dabei bietet sich an, die oft mühsam ausverhandelten Regelungen des Rahmen-Lohnherstellungsvertrages als prioritär zu bezeichnen, soweit sie nicht im Rahmen des einzelnen Ausführungsgeschäfts unter ausführlicher Nennung der Regelung im Rahmenvertrag, die abgedungen werden sollen, verändert wird.
Im Lohnherstellungsvertrag sollte stets geregelt werden, ob ergänzend Allgemeine Geschäftsbedingungen, sei es in Form Allgemeiner Auftrags- und Leistungsbedingungen des Lohnherstellers, oder Allgemeiner Einkaufsbedingungen des Auftraggebers, einbezogen werden. Dabei ist im grenzüberschreitenden Verkehr darauf zu achten, dass diese nach deutschem Recht dem Vertragspartner körperlich vorab vor Vertragsschluss übergeben werden müssen und auch sonst die grenzüberschreitend besondere Anforderung an die Einbeziehung des sogenannten „Kleingedruckten“ gilt, so beispielsweise die Hinterlegung bei Handelskammern, oder der Hinweis auf besonders risikoreiche Klauseln in diesen AGBs.
Besser ist es daher im grenzüberschreitenden Verkehr diejenigen Klauseln aus AGBs in den Lohnherstellungsvertrag zu integrieren, die man wirklich benötigt.
Der Lohnherstellungsvertrag kann einerseits als Werkvertrag gestaltet werden, andererseits aber auch rechtlich einen Werklieferungsvertrag darstellen, der nach kaufrechtlichen Regelungen abzuhandeln ist. Im Vertrag muss daher beim Vertragsgegenstand und der Leistungsschuld eindeutig determiniert werden, nach welchen Spielregeln der Lohnherstellungsvertrag ablaufen soll.
Gerade wenn der Lohnherstellungsvertrag als Rahmen-Lohnherstellungsvertrag ausgestaltet ist, ergibt sich die Problematik der wiederkehrenden Leistungspflicht des Lohnherstellers. Viele Verträge kranken daran, dass sich eine echte Leistungspflicht, immer wiederkehrende Lohnherstellungsverträge unter dem Rahmen-Lohnherstellungsvertrag abzuschließen, dem Vertragswerk nicht entnehmen lässt. Alternativ finden sich immer wieder Vertragsgestaltungen, in denen der Auftraggeber zwar die Leistung des Lohnherstellers verlangen kann, selbst aber nicht verpflichtet ist, Lohnherstellungsaufträge an den Lohnhersteller zu erteilen. Beides ist misslich. Im ersten Fall bleibt der Auftraggeber auf einer bloßen Konditionenvereinbarung sitzen, ohne einen Leistungsanspruch zu besitzen, obwohl er oft über längere Zeit den Rahmenvertrag ausverhandelt hat. Eine einseitige Interessensdurchsetzung in der Vertragsgestaltung dahingehend, dass der Lohnhersteller immer leistungsverpflichtet ist, der Auftraggeber jedoch keine Aufträge erteilen muss, ist unter AGB-rechtlichen Grundsätzen eine klare Absage zur erteilen. Ohne Nachteilsausgleich (z. B. Produktionsfreiheit der Vergütung) wird man dies stets als unzulässige Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 BGB ansehen müssen. Ähnlich gelagert sind auch Klauseln zu bewerten, bei denen der Lohnhersteller stets sachliche und personelle Ressourcen vorhalten muss, ohne dass den Auftraggeber eine Beauftragungsverpflichtung trifft. Abhilfe kann hier ein Ausgleich durch eine teilverbindliche Forecast-Regelung schaffen, bei denen der Lohnhersteller lediglich verpflichtet ist, im Rahmen des verbindlichen Teils eines Forecasts tätig zu werden.
Eine Vielzahl von Problemen wirft in der vertraglichen Regelung auch das Thema Beistellung von Rohstoffen oder Warenbestandteilen durch den Auftraggeber auf. Hier sollte klar geregelt werden, zu welchen Spielregeln dies erfolgt. Dabei ist es sinnvoll, die oft streitige Frage, woran der Mangel des Endproduktes liegt (Beistellware oder falsche Lohnherstellung), dadurch im Keim zu ersticken, dass für die Beistellware vor deren Verarbeitung eine Qualitätskontrolle durch eine unabhängige Institution (z.B. Testlabor) durchgeführt wird und die so positiv getestete Ware als mangelfrei beigestellt gilt. Im Übrigen sollte auch der Lohnhersteller verpflichtet sein, für die Beistellware eine Wareneingangskontrolle analog § 377 HGB durchzuführen.
Ein wichtiges Regelungsfeld bildet die Qualitätskontrolle der lohnhergestellten Ware im Vorfeld deren Vermarktung. So sollte der Lohnherstellungsvertrag immer die Verpflichtung des Lohnherstellers zur Vorhaltung einer angemessenen Probenanzahl, einer langjährigen Dokumentationsaufbewahrungsverpflichtung und die Verpflichtung, beides dem Auftraggeber auf erstes Anfordern ohne Zurückbehaltungsrecht zur Verfügung zu stellen, enthalten. Auch dürfte es im Hinblick auf die strengere Produkthaftung indiziert sein, den Lohnhersteller vor der erstmaligen Vermarktung und sodann laufend zu verpflichten, rechnungsunabhängige Produkttestungen durchzuführen und die Ergebnisse dem Auftraggeber ohne Zurückbehaltungsrecht auf erste Anforderung zur Verfügung zu stellen. Im Falle von Produktmängeln kann dies auch gegenüber den Marktüberwachungsbehörden ein entscheidendes Momentum sein.
Auch die geschuldete Qualität der lohnhergestellten Ware sollte im Vertrag ausdrücklich geregelt werden. Dabei ist von Seiten des Lohnherstellers eine Einschränkung der vielfältigen Anforderungen nach dem neuen verschärften Mängelbegriff des § 434 BGB vorzusehen, sollte es sich um einen Werklieferungsvertrag handeln. Aus Sicht des Auftraggebers ist darauf zu achten, dass die Regelungen des § 434 BGB nicht eingeschränkt werden. Neben der üblichen Erstreckung auf Einhaltung aller einschlägigen Richtlinien, Gesetze und Verordnungen ist bei grenzüberschreitenden Verträgen insbesondere auch das Thema zu regeln, wer dafür verantwortlich ist, die Anforderungen an die lohnhergestellte Ware einzuhalten, wenn diese außerhalb der Bundesrepublik Deutschland oder der EU vermarktet wird. Hier hat sich ein System bewährt, nachdem der Auftraggeber die dortigen Bedingungen fehlerfrei zu eruieren hat, diese dem Lohnhersteller mitteilt und der Lohnhersteller diese verantwortlich umzusetzen hat, soweit ihm diese mit dem Auftrag unter Benennung des Verwendungslandes der lohnhergestellten Ware vom Auftraggeber mitgeteilt werden.
Nicht nur in Bezug auf die strenger werdende Anforderung an die Produkthaftung und Compliance, sondern auch zur Mängelvermeidung macht ein abgestimmtes Auditierungsrecht des Auftraggebers im Lohnherstellungsvertrag Sinn. Allerdings sind Klauseln, die dem Auftraggeber ein jederzeitiges Zutrittsrecht und Zugriff auf quasi sämtliche Unterlagen und Daten des Lohnherstellers einräumen, wohl unter § 307 BGB (unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners) AGB-rechtlich nicht geeignet, rechtsbeständig zu sein. Dies gilt auch für Auditrechte, die unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen dem Auftraggeber den Zugriff auf quasi alle Daten des Lohnherstellers zuweisen sollen.
Bedeutsame weitere Themenfälle, die es im Lohnherstellungsvertrag zu regeln gilt, sind die Kennzeichnung der Ware, deren Verpackung, Transport, die weiteren Herstellerschritte und Lagerung, sowie vor dem Hintergrund zunehmender Schärfe des Produkthaftungsrechts die Produktbeobachtung und Abhandlung von Produkthaftungsfällen. Bei Letzterem finden sich immer wieder Freistellungsklauseln, die verschuldensunabhängig gestaltet sind, oder auf die Ersetzungspflicht hilffähiger Kosten und Aufwendungen hinauslaufen, oder den Grundsatz des Mitverschuldens (§ 254 BGB) nicht ausdrücklich offenlassen. Derartige Freistellungsklauseln sind jedoch nach aktueller Rechtsprechung nach § 307 BGB unwirksam. Neben den Themen der Gewährleistung und Haftung spielt oft auch die Frage der Exklusivität der Lohnherstellung zugunsten des Auftraggebers eine wichtige Rolle. Hier ist darauf zu achten, die kartellrechtlichen Nuancen einzuhalten, insbesondere Exklusivität nicht über einen Zeitraum von 5 Jahren nach Vertragsschluss hinauszustrecken, insbesondere nicht durch eine automatische Vertragsverlängerungsklausel, welche auch die Exlusivitätsabrede erfasst.
Stellt der Auftraggeber dem Lohnhersteller die Herstellungsanweisung und Rezeptur, sind darüber hinaus genaue Regelungen aufzunehmen, wie die Eigentumsrechte und Verwertungsrechte hieran aussehen.
Da der Lohnherstellungsvorgang für die geschäftliche Existenz vieler Auftraggeber von entscheidender Bedeutung ist, sollten Auftraggeber vor allem darauf achten, möglichst Zurückbehaltungsrechte des Lohnherstellers zu beschneiden. Hierbei sind allerdings Grenzen des AGB-Rechts zu beachten. Ein opportunes Mittel kann es hierbei sein, durch nicht ausschließbare Zurückbehaltungsrechte mittels einer Hinterlegungsmöglichkeit erforderliche Beträge für den Anspruch, auf dem das Zurückbehaltungsrecht funktionieren soll, auszuschalten.
Mit besonderer Sorgfalt muss darauf geachtet werden, dass bei grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen die wechselseitigen Rechte auch durchsetzbar sind. Hierfür ist erforderlich, dass Rechtsfragen und etwaig geregelte Gerichtsstände und Schiedsgerichtsabreden auch tatsächlich zusammenpassen. Bei der Wahl von Schiedsgerichtssystemen macht es darüber hinaus häufig Sinn, von der dort vorhandenen Möglichkeit der Einbeziehung von Regelungen über beschleunigte Schiedsverfahren, bei denen in wenigen Monaten ein Urteil des Schiedsgerichts vorliegen muss, Gebrauch zu machen.
Sonderbeachtung ist bei der intensiven Nutzung von chinesischen Lohnherstellern, wie sie sich in der Bundesrepublik Deutschland verbreitet hat, angebracht. Dies deshalb, weil trotz Beitritt der Volksrepublik China zum New Yorker Vollstreckungsabkommen von 1967 deutsche Urteile und deutsche Schiedsgerichtsurteile in der Volksrepublik China faktisch nicht vollstreckbar sind. Wird hier daher deutsches Recht und ein deutscher Gerichtsstand gewählt, macht dies nur den chinesischen Lohnhersteller glücklich, den deutschen Auftraggeber bewegt es aber eher ins Tal der Tränen. Hier kann nur die Wahl des chinesischen Gerichts und eine funktionelle chinesische Schiedsregelung wie ein CIETAC-Schiedsverfahren das Mittel der Wahl sein.
Lohnherstellungsverträge und Rahmen-Lohnherstellungsverträge stellen eine hohe Anforderung an die Professionalität der Vertragsgestaltung. Zur Vermeidung von rechtlichem und wirtschaftlichem erheblichem Nachteil auf Seiten des Lohnherstellers und/oder des Auftraggebers, für welche komplexe vertragliche Regelungssysteme zu schaffen sind, sind Lohnhersteller und Auftraggeber gut beraten, Vertrags- und AGB-Rechtsexperten auf ihrer jeweiligen Seite sowohl für die Verhandlung als auch den Entwurf des Vertrages hinzuzuziehen. Dies schon deshalb, weil statistisch gesehen eine ganz erhebliche Anzahl von Lohnherstellungsschuldverhältnissen streitig werden.
Kontakt
Goltsteinstraße 14 | 40211 Düsseldorf
Tel: +49 2 11 5 18 82-0 | Fax: +49 2 11 5 18 82-100
E-Mail: duesseldorf@hoffmannliebs.de
Partnerschaften
Informationen
© 2024 Hoffmann Liebs Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB
Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie unsere Website weiter besuchen können. Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind und Ihre Zustimmung zu freiwilligen Diensten geben möchten, müssen Sie Ihre Erziehungsberechtigten um Erlaubnis bitten. Wir verwenden Cookies und andere Technologien auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Personenbezogene Daten können verarbeitet werden (z. B. IP-Adressen), z. B. für personalisierte Anzeigen und Inhalte oder Anzeigen- und Inhaltsmessung. Weitere Informationen über die Verwendung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Auswahl jederzeit unter Einstellungen widerrufen oder anpassen.
Wenn Sie unter 16 Jahre alt sind und Ihre Zustimmung zu freiwilligen Diensten geben möchten, müssen Sie Ihre Erziehungsberechtigten um Erlaubnis bitten. Wir verwenden Cookies und andere Technologien auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern. Personenbezogene Daten können verarbeitet werden (z. B. IP-Adressen), z. B. für personalisierte Anzeigen und Inhalte oder Anzeigen- und Inhaltsmessung. Weitere Informationen über die Verwendung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Hier finden Sie eine Übersicht über alle verwendeten Cookies. Sie können Ihre Einwilligung zu ganzen Kategorien geben oder sich weitere Informationen anzeigen lassen und so nur bestimmte Cookies auswählen.