Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist düster, die Zahlungsmoral der Kunden und Vertragspartner gleichsam schlecht. Zahlungsziele werden immer häufiger verfehlt, während offene Rechnungen für Lieferungen und Leistungen oftmals nur mit Nachdruck eingezogen werden können. Dies ist kein zufälliger Befund, sondern eine betriebswirtschaftliche Realität: Immer mehr Unternehmen geraten in die Krise oder sogar die Insolvenz.
Wenn dies geschieht, dann versucht der Insolvenzverwalter, Zahlungen des insolventen Kunden nach §§ 129 ff. InsO anzufechten und zurückzufordern. Was aber kann der Gläubiger tun, um das Anfechtungsrisiko bei Zahlungen säumiger Kunden an das eigene Unternehmen auszuschließen oder wenigstens zu minimieren?
Ein kompletter Ausschluss des Anfechtungsrisikos für Zahlungen ist nur möglich, wenn 1. die Bezahlung der gelieferten Ware vollständig binnen 30 Tagen erfolgt oder 2. die Lieferung der Ware gegen Vorauskasse erfolgt. Das sog. Bargeschäft, bei dem Leistungen vereinbarungsgemäß binnen 30 Tagen ausgetauscht werden, ist insolvenzfest und anfechtungssicher, § 142 InsO.
Es ist zu prüfen, ob der Kunde bereit und in der Lage ist, für Bestellungen Vorauskasse zu leisten. Falls nicht, ist ein Zahlungsziel zu vereinbaren, wonach auf die erfolgte Lieferung binnen 7, 14 oder 28 Tage gezahlt wird (wichtig: Geldeingang max. 30 Tage seit Lieferung). Jeder entsprechende Geldeingang ist dann sicher. Zahlt der Kunde jedoch erst nach 31 Tagen oder noch später oder beträgt das Zahlungsziel 60 Tage, liegt bereits kein Bargeschäft mehr vor.
Daneben besteht die Möglichkeit, über die übliche Warenkreditversicherung hinaus weitere Sicherheiten zu verlangen. Der Lieferant sollte seine Lieferungen möglichst immer unter einen einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt stellen. Sollte er das in seinen Lieferbedingungen (AGB) vereinbaren, dann muss er aber darauf achten, dass die AGB wirksam vereinbart sind. Dabei ist ein entsprechender Hinweis schon in der Auftragsbestätigung nötig, nicht erst in den Rechnungen! Außerdem ist darauf zu achten, dass der Kunde in dessen Einkaufsbedingungen keine Abwehrklausel gegen die Liefer-AGB enthält.
Ebenso ist zu prüfen, ob Dritte bereit sind, Garantien oder Bürgschaften zu stellen. Garantien von Mutter- und Schwestergesellschaften sind auch möglich, aber i. d. R. hat der Konzern die gleiche Bonität. Außerdem kann auch die Vereinbarung und Überweisung eines „Deposit“ in bestimmter Höhe eine geeignetes Alternative darstellen. Dieses dient dann als Sicherheit für künftiges Geschäft, z. B. in Höhe des halben Kreditlimits.
Es besteht auch die Möglichkeit, vor oder mit dem Kaufvertrag zu vereinbaren, dass bestimmte Maschinen oder Anlagen sicherungsübereignet werden. Diese müssen allerdings frei von anderen Sicherungsrechten, insbesondere Vermieterpfandrechte, sein. Empfehlenswert ist hier die Veranlassung eines „Quick Check“, um freie Sicherheiten zu identifizieren. Die erst nachträgliche Bestellung von Sicherheiten ist dagegen fast immer anfechtbar.
Ansonsten kann das Anfechtungsrisiko gegenüber Kunden wie folgt minimiert werden. Dabei gilt: Das Anfechtungsrisiko besteht immer dann, wenn den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Zahlungsunfähigkeit des Kunden bzw. die Umstände, aus denen sich dies ergibt, positiv bekannt werden, § 130 Abs. 2 InsO. Ab diesem Zeitpunkt sind alle noch erhaltenen Zahlungen grundsätzlich anfechtbar (außer Bargeschäfte, s. o.), vgl. §§ 130, 133 InsO.
Zur Risikominimierung sollte daher, soweit nicht schon vorhanden, immer ein Risikomanagementsystem inklusive Bonitätsüberwachug eingerichtet sein – mit verbindlichen Regeln für Kreditlimite, kurzen Zahlungszielen, Skonto sowie einem klaren Mahnwesen. Grundlegende Regel des Risikomanagementsystem sollte sein, dass neue Aufträge erst nach Zahlung der offenen Rechnungen angenommen werden. Wird also mit der nächsten Bestellung/Abruf das eingeräumte Kreditlimit überschritten, erfolgt die neue Auslieferung erst, wenn die ältesten Rechnungen beglichen werden und das Kreditlimit wieder eingehalten ist. Manche Insolvenzverwalter meinen zur Begründung der Anfechtbarkeit, das sei eine Drohung mit Lieferstopp. Dies ist – je nach Ausgestaltung – jedoch regelmäßig nicht der Fall.
Vorsichtiges Agieren bei Lieferung und Zahlungszielen ist auch dann empfehlenswert, wenn Folgendes feststellbar ist:
Bei bislang störungsfreier Geschäftsbeziehung
Falls insbesondere folgende Indizien für bereits eingetretene Zahlungseinstellung festzustellen sind, sollte der Kunde nur noch gegen Vorauskasse beliefert oder gar nicht mehr beliefert werden:
Zahlungserinnerungen und Mahnungen sollten stets unter Verzicht auf Klageandrohungen oder Zwangsvollstreckung ausgesprochen werden. Erhöhter Mahn- und Vollstreckungsdruck ist schädlich. Entscheidend ist auch das Wording in den Mahnungen selbst und sollte deshalb regelmäßig – und situationsindividuell – überprüft werden. Speziell Zahlungserinnerungen sollten immer ohne Androhung einer Liefersperre oder eines Insolvenzantrags erfolgen.
Empfehlenswert sind hingegen mündliche Zahlungserinnerungen, über die sich z. B. auch Zahlungszusagen vereinbaren lassen. Überfällige Zahlungsrückstände von mehreren Wochen bis wenigen Monaten sind nicht per se anfechtbar, sollten aber nicht ansteigen und nicht dauerhaft akzeptiert werden – insbesondere nicht in den Fällen, in denen Lieferanten wirtschaftlich-strukturell vom säumigen Kunden abhängig sind. Hier ist es ratsam, zu dem Zahlungsrückstand eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, die dann jedoch kompromisslos einzuhalten ist.
Die Weiterbelieferung des Kunden nach Insolvenzantrag ist grundsätzlich ohne besondere Auflagen möglich, sollte aber generell auf Vorkasse umgestellt oder an Fortführungsvereinbarungen geknüpft werden. Forderungsanmeldungen im Insolvenzverfahren sollten nur so erfolgen, dass der Insolvenzverwalter daraus keine Rückschlüsse auf eine potenziell früher eingetretene Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Kunden ziehen kann.
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