Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit sind in den letzten Jahren zu zentralen Verkaufsargumenten geworden. Viele Unternehmen nutzen zunehmend sogenannte „Green Claims“, um ihre Produkte als umweltfreundlich darzustellen.
Mit den neuen Richtlinien der Europäischen Union (EU), insbesondere der Empowering Consumers-Richtlinie (EmpCo-Richtlinie) und dem Entwurf der Green Claims-Richtlinie, wird der rechtliche Rahmen für diese Form der Werbung jedoch deutlich verschärft.
Doch was genau steckt dahinter, und was bedeutet das für Unternehmen?
Der Begriff „Green Claims“ umfasst alle Aussagen, Marken etc., die suggerieren, dass ein Produkt oder Unternehmen eine positive oder keine Auswirkung auf die Umwelt hat. In der neuen EmpCo-Richtlinie wird der Begriff näher definiert:
„Aussage oder Darstellung (…) in der ausdrücklich oder stillschweigend angegeben wird, dass ein Produkt, eine Produktkategorie, eine Marke oder ein Gewerbetreibender eine positive oder keine Auswirkung auf die Umwelt hat oder weniger schädlich für die Umwelt ist als andere Produkte, Produktkategorien, Marken bzw. Gewerbetreibende oder seine bzw. ihre Auswirkung im Laufe der Zeit verbessert wurde“ (Art. 2 Abs.1 EmpCo-Richtlinie)
Bekannte Beispiele sind Begriffe wie „klimaneutral“, „nachhaltig“ und „umweltfreundlich“. Derartige Aussagen sind häufig schwer nachprüfbar, was die Gefahr des Greenwashings birgt. Das liegt dann vor, wenn Unternehmen irreführende oder ungenaue Angaben machen, um sich nachhaltiger darzustellen, als sie tatsächlich sind.
Derzeit bestehen noch keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben zu Green Claims. Auch nach geltendem Recht, insbesondere dem § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), sind irreführende geschäftliche Handlungen jedoch verboten. Das betrifft auch falsche oder nicht überprüfbare Umweltaussagen, die Verbraucher zu Kaufentscheidungen verleiten können.
Die deutsche Rechtsprechung hat bereits eine umfangreiche Kasuistik zu verschiedenen Green Claims entwickelt. In den letzten Jahren standen insbesondere Aussagen zum Klimaschutz, wie z. B. „klimaneutral“, im Fokus. Die Gerichte haben hierzu in der Vergangenheit allerdings unterschiedlich geurteilt. So entschied beispielsweise das Oberlandesgericht Schleswig im Jahr 2022 hinsichtlich einer Werbung für Müllbeutel, dass die Aussage „klimaneutral“ nicht zu beanstanden sei (Urteil vom 30. Juni 2022, Az. 6 U 46/21). Bei der Verwendung der Angabe sei eine ausgeglichene CO2-Bilanz maßgeblich. Dies könne auch mit Kompensationsmaßnahmen erreicht werden. Hingegen entschied das Landgericht Berlin im Jahr 2023, dass die Werbung für ein „klimaneutrales Kochboxunternehmen“ irreführend sei (Urteil vom 19.September 2023, Az. 102 O 15/23). Das Unternehmen habe Verbraucher darüber getäuscht, dass Klimaneutralität mithilfe von CO2-Zertifikaten aus einem Waldschutzprojekt erreicht werden könne.
Im Juni 2024 entschied der Bundesgerichtshof nun, dass die Werbung mit einem mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff regelmäßig nur dann zulässig ist, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt (Urteil vom 27. Juni 2024, Az. I ZR 98/23). Hinsichtlich des Begriffs „klimaneutral“ müsse in der Werbung selbst klargestellt werden, dass die Klimaneutralität ausschließlich durch Kompensation erreicht werde.
Mit der EmpCo-Richtlinie und der Green Claims-Richtlinie soll der Rechtsrahmen für Umweltwerbung auf EU-Ebene neu geregelt werden. Die beiden Richtlinien sind Teil des sog. „Green Deal“ der Europäischen Kommission.
Die bereits verabschiedete EmpCo-Richtlinie zielt darauf ab, unlautere und irreführende Greenwashing-Geschäftspraktiken zum Schutze der Verbraucher zu bekämpfen. Die Richtlinie definiert insbesondere strenge Anforderungen an allgemeine Umweltaussagen und enthält unter anderem folgende Regelungen:
Die EmpCo-Richtlinie ist bereits verabschiedet und muss bis zum 27. März 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Ab September 2026 soll sie Anwendung finden.
Eine weitere Richtlinie zum Thema Greenwashing, die sog. Green Claims-Richtlinie, befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren und soll die EmpCo-Richtlinie ergänzen. Die Richtlinie soll Bestimmungen für europaweit verlässliche, vergleichbare und überprüfbare Umweltaussagen zu Waren und Dienstleistungen schaffen. Bereits das Wettbewerbsrecht fordert, dass umweltbezogene Aussagen wissenschaftlich belegbar sein müssen. Der Entwurf der Green Claims-RL präzisiert dies weiter und trifft insbesondere Regelungen zu ausdrücklichen Umweltaussagen, also Aussagen, die einen konkret fassbaren und nachprüfbaren Inhalt haben.
Zu den wichtigsten Maßnahmen der Green Claims-Richtlinie zählen:
Laut Entwurf soll die Green Claims-Richtlinie 24 Monate nach Inkrafttreten anwendbar umgesetzt werden. Am 4. Dezember 2024 haben die zuständigen Ausschüsse für ein Mandat zu Trilogverhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission über die Richtlinie gestimmt. Die Gespräche werden voraussichtlich im Januar 2025 beginnen.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat die Rechtslage bereits verschärft. Mit den beiden verabschiedeten bzw. geplanten Richtlinien werden sich die Anforderungen hinsichtlich der Werbung mit Umweltaussagen nochmals erhöhen. Das Ziel ist klar: Verbraucher sollen vor irreführenden Aussagen geschützt werden, während Unternehmen gefordert sind, echte und nachprüfbare Umweltleistungen zu erbringen. Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Green Claims eingehend prüfen und ihre Marketingstrategie anpassen müssen.
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