Social Media-Recht – Teil 9: Direkt- und Influencermarketing

Auch der heutige Beitrag setzt sich mit Marketinginstrumenten auseinander, die sich in Social Media wachsender Beliebtheit erfreuen. Sowohl Direkt- als auch Influencermarketing werden aber häufig in wettbewerbswidriger und damit nicht zulässiger Weise eingesetzt. Um mögliche Fehler und eine eventuell folgende rechtliche Auseinandersetzung mit einem Wettbewerber zu vermeiden, sollten Sie die nachstehenden rechtlichen Hinweise beachten.

1. Direktmarketing

Beim Direktmarketing werden die potenziellen Kunden unmittelbar vom werbenden Unternehmen angesprochen. Ähnlich wie bei den Facebook Custom Audiences (dazu in Teil 4 unserer Beitragsreihe) soll durch personengenaue Ansprache eine höhere Zielgruppensicherheit erzielt werden. Das wettbewerbsrechtliche Problem bei dieser Form des Marketings liegt darin, dass sie eine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG darstellt, wenn der angesprochene Marktteilnehmer die Werbung erkennbar nicht wünscht, er sie also als unangemessene Beeinträchtigung seiner privaten oder beruflichen Sphäre auffasst.

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG wird bei elektronischer Werbung eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorausgesetzt. Der Adressat muss vor der Einwilligung darüber aufgeklärt worden sein, welche Art von Werbung er von welchem Unternehmen wie häufig erhält. Ohne eine solche ausdrückliche Einwilligung des Werbeempfängers (sog. „Opt-in“) liegt eine unzumutbare Belästigung und damit eine unzulässige geschäftliche Handlung vor. Spätestens, wenn es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt, muss das versendende Unternehmen nachweisen können, dass es eine Einwilligung eingeholt hat.

Der Begriff der Werbung ist dabei weit zu verstehen. Darunter fällt nach Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2006/114/EG „jede Äußerung (…) mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen (…) zu fördern“. Dass ein solches Ziel verfolgt wird, kann bei sehr unterschiedlichen Formen von Werbung angenommen werden und ist nicht auf klassische Werbebotschaften beschränkt. Ausreichend ist beispielsweise schon die Verwendung bestimmter Produktbezeichnungen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007, Az.: I ZR 169/04) oder das Zu-Eigen-Machen von Äußerungen Dritter durch das Unternehmen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Januar 2002, Az.: I ZR 161/99).

Eine denkbare Form des Direktmarketings in Social Media, die dem Opt-in-Erfordernis unterliegt, ist das Zusenden privater Nachrichten mit entsprechenden Werbebotschaften. Fehlt eine Einwilligung für diese Art von Nachrichten, ist die Form der Ansprache unzulässig. Eine Einwilligung liegt nicht bereits deshalb vor, weil der Adressat „Fan“ oder „Follower“ des Absenders ist. Auch das Bestätigen einer Freundschaftsanfrage begründet keine Einwilligung.

Unzulässig sind demzufolge auch Kommentare oder Pinnwandeinträge auf fremden Profilen. Enthalten Freundschaftseinladungen Werbebotschaften, ist auch dies bereits eine unzulässige geschäftliche Handlung, wenn der Nutzer darin nicht eingewilligt hat. Gleiches gilt für den Fall, dass er von einem werbenden Unternehmen auf einem Bild oder in einem Beitrag markiert wird. Ohne ausdrückliche Einwilligung stellt auch dies eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar.

Hingegen steht es dem Unternehmen frei, auf der eigenen Pinnwand Werbebotschaften zu äußern. Außerdem darf ein Nutzer in Social Media kontaktiert werden, wenn er beispielsweise mittels Nachricht an das Unternehmen Interesse an Waren oder Dienstleistungen bekundet hat und auf diese Anfrage lediglich eine Antwort erhält.

Besonderheiten gelten indes für Karrierenetzwerke wie XING. Dort ist es möglich, über das Feld „Ich suche“, bestimmte Interessen anzugeben. Sucht ein Arbeitnehmer in diesem Rahmen nach „neuen beruflichen Herausforderungen“, liegt darin eine konkludente Einwilligung zum Empfang entsprechender Nachrichten. Erhält der Nutzer eine Nachricht eines Headhunters, liegt darin keine unzumutbare Belästigung. Je nach Preisgabe eigener Interessen unter „Ich suche“ eröffnet der Nutzer damit also weite Ansprachemöglichkeiten.

Allgemein wird man in solchen Netzwerken einen weniger strengen Maßstab ansetzen müssen, weil es gerade der beruflichen Kontaktaufnahme dient. Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis sind daher auch denkbar, wenn die Personen bereits vorher persönlichen Kontakt hatten.

2. Influencer-Marketing

Social Media stehen bekanntlich nicht nur „normalen“ Nutzern zur Verfügung, sondern auch solchen, die prominent sind und eine Vielzahl von Followern um sich scharen. Jeder Post eines berühmten Sportlers oder eines berühmten Musikers hat eine ungleich höhere Reichweite als die eines nur regional bekannten Unternehmens. Um sich diese Bekanntheit zu Nutze zu machen, setzen Unternehmen vermehrt auf die Aussagen solcher Influencer.

Dabei wird dem Influencer vom jeweiligen Unternehmen eine Gegenleistung für seine Tätigkeit zur Verfügung gestellt, z.B. dafür dass er in einem Post ein Produkt anpreist. Das kann sehr offensichtlich geschehen, indem der Post einen werbenden Text enthält. Es kann aber auch eine verdeckte (Schleich-)Werbung sein, in der auf den geposteten Bildern regelmäßig das zu bewerbende Produkt eines Unternehmens zu sehen sind.

Auch solche Postings können wettbewerbsrechtliche Relevanz haben. Im Kern geht es dabei um die Frage der hinreichenden Kenntlichmachung des Posts als Werbung nach § 5a Abs. 6 UWG. Diese Problematik war zuletzt Gegenstand einer vielbeachteten Gerichtsentscheidung (OLG Celle, Urteil vom 8. Juni 2017, Az.: 13 U 53/17). Dort hatte ein bekannter Blogger (mehr als eine Million Follower) für die Drogeriekette Rossmann einen Beitrag auf Instagram veröffentlicht, für den er auch eine Gegenleistung erhielt:

„An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #rossmann & im Online Shop 40 % Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! […]. Mascara & M. N. Y. The R. N. Lidschatten Palette“.

Am Ende des Beitrages platzierte er sechs Hashtags, darunter an zweiter Stelle das Hashtag „#ad“. Das Gericht hatte darin im Ergebnis eine nicht ausreichende Kennzeichnung des werblichen Charakters gesehen. Zwar wurde nicht konkret die Nutzung des Hashtags „#ad“ kritisiert, wohl aber dessen Platzierung inmitten weiterer Hashtags. Eine konkrete Handlungsempfehlung, wie Influencer-Postings rechtssicher gekennzeichnet werden sollen, gab das Gericht indes nicht.

Allerdings dürfte auch hier an die oben genannte BGH-Rechtsprechung anzuknüpfen sein und abermals zu der Verwendung von Wörtern wie „Anzeige“ oder „Werbung“ geraten werden. Sollten diese als Hashtags benutzt werden, empfiehlt es sich, sie ganz vorne zu platzieren, damit sie auf den ersten Blick hervortreten.

Der kommende Beitrag wird sich den Social Media aus arbeitsrechtlicher Sicht nähern und klären, inwieweit bei bestimmten Aktionen wie Liken oder Kommentieren arbeitsrechtliche Konsequenzen mithin die „Kündigung 2.0“ drohen können.

Zur Info: Aufgrund der Weihnachtsferien geht es mit unserer Artikelreihe (Teil 10) am 09.01.2018 weiter.

Beitragsreihe Social Media-Recht (Erscheinungsweise: wöchentlich)
Teil 1: Das Impressum in sozialen Netzwerken (Grundlagen, Facebook, Twitter, YouTube)
Teil 2: Das Impressum in Karrierenetzwerken (XING, LinkedIn)
Teil 3: Datenschutzerklärung und Social Plugins
Teil 4: Facebook Custom Audiences
Teil 5: Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material
Teil 6: Nutzung fremder Marken und der Abbildungen von Personen
Teil 7: Risiken beim Sharen, Linken, Liken
Teil 8: Vorgaben für Gewinnspiele
Teil 9: Direkt- und Influencermarketing
Teil 10: Private Social Media-Nutzung und die Kündigung 2.0
Teil 11: Wem gehören Social Media-Kontakte?
Teil 12: Risiken im Social Media-Marketing für den Arbeitgeber
Teil 13: Digitale Unternehmenszugehörigkeit
Teil 14: Recruiting in Social Media
Teil 15: Rechtsfolgen bei Verstößen

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